Die positive Nachricht vorweg: Der Rückgang der Frequenz in den deutschen Innenstädten scheint sich in den ersten sechs Monaten 2019 abgeschwächt zu haben. Laut den Experten von ShopperTrak sank die Anzahl der Passanten zwischen Januar und Juni um 0,9%. Im Vorjahr lag das Minus zur Jahresmitte noch bei 7,7%. Keine deutliche Veränderung konnte jedoch bei der Umsatzentwicklung registriert werden. Laut der repräsentativen ERIX-Marktdatenbank lag der Handel nach der zweite Juni-Dekade mit rund 4,0% im Minus – obwohl im Vorjahreszeitraum bereits ein deutlicher Umsatzrückgang um -6,5% verzeichnet werden musste. Vor allem in den Monaten April und Mai verlief das Geschäft enttäuschend.
Schuhhandel zieht gemischte Bilanz
Entsprechend gemischt fällt die Bilanz von Werdich-Geschäftsführer Friedrich Werdich aus: „Es war ein Halbjahr mit Höhen und Tiefen. Grundsätzlich ist der Saisonverlauf in Bezug auf die ’klimatische Dramaturgie‘ in Ordnung. Trotzdem kann man mit den kumulierten Umsätzen im ersten Halbjahr nicht zufrieden sein.“ Habe man sich bei Werdich bis Ende März noch über ein stattliches Plus freuen können, sei die Euphorie in den Osterferien sowie im Mai wieder eingefangen worden. „Wir gehen trotzdem davon aus, dass wir das erste Halbjahr mit einer positiven Umsatzentwicklung abschließen können“, so Friedrich Werdich. Niek Jansen spricht gegenüber schuhkurier von einer „wiederum nicht einfachen Saison“ für den Handel. Die Ansprüche der Endverbraucher steigen immer mehr, hat der Geschäftsführer von Rexor beobachtet. Und obwohl es viele Händler geschafft hätten, mit enormem Einsatz, viel Energie und großer Kreativität, den Umsatz auf dem Niveau der letzten Jahre zu halten, gerate der Gewinn durch steigende Kosten immer mehr unter Druck.
Die Themen des ersten Halbjahres
Ein heiß diskutiertes Thema in den vergangenen Wochen und Monate war, wie so oft, das Wetter. „Das Wetter beeinflusst maßgeblich die Kaufbereitschaft der Endverbraucher und deshalb reden wir immer so viel darüber“, erklärt Niek Jansen. Es gebe jedoch zahlreiche weitere Themen. Dazu gehörten z.B. Preisaktionen, Einzelhandels-Aktivitäten von Lieferanten und das zunehmende Plattform-Business. „Was vielen Multichannel-Schuhhändlern in den vergangenen Monaten Sorgen bereitete, sind die steigenden Retouren im Online-Vertrieb, auch via Verkaufsplattformen. Ein höherer Retouren-Anteil kostet natürlich Marge, zumal aufgrund des Wettbewerbsdrucks die Retouren-Versandkosten sehr oft von den betreffenden Schuhhändlern übernommen werden“, ergänzt BDSE-Geschäftsführer Dr. Siegfried Jacobs. Bei Werdich beschäftigte man sich in den zurückliegenden Monaten intensiv mit weiteren Faktoren wie der Erreichbarkeit der Städte, Parkgebühren sowie veränderten Freizeit- und Konsumgewohnheiten. Leider, fügt Dr. Karsten Niehus von GMS hinzu, werde außerdem „immer noch zu wenig von denen gesprochen von denen wir alle leben – den Kunden.“
Ausblick auf das zweite Halbjahr
Dr. Siegfried Jacobs geht mit verhaltenem Optimismus in das zweite Halbjahr. „Angesichts der schwachen Vorjahreszahlen braucht der Schuhhandel dringend ein kräftiges Umsatzplus im zweiten Halbjahr. Ob das gelingt, werden wir sehen.“ Niek Jansen geht davon aus, dass auch die kommenden Monate weiterhin zahlreiche Herausforderungen für den Schuhhandel bereithalten werden. Zuversicht schöpfe er jedoch aus zahlreichen Gesprächen mit Händlern, bei denen er trotz aller Schwierigkeiten Begeisterung und Flexibilität spüre. „Daneben bleibt die Hoffnung, dass die Kundinnen sich im Herbst neue Stiefel oder Stiefeletten wünschen und diese auch kaufen werden.“