Relevante Zielgruppe
Die Zielgruppe der Menschen um die 50 bis
60 Jahre spielt eine wichtige Rolle – auch in der Schuhbranche. (Foto: Centre for Ageing Better/Unsplash)
Markenanbieter haben das Potenzial älterer Menschen inzwischen erkannt. Im Jubiläumsjahr wirbt das Modeunternehmen Gerry Weber mit Frauen um die 50 und bezeichnet seine Kollektionen inzwischen als „alterslos“. Das heißt: Modische Farben und Styles, eine durchaus junge Optik, aber Passform-Kriterien vom Stretchmaterial bis zu angepassten Schnitten, was einer älteren Kundin entgegenkommt. Marken wie Fynch Hatton setzen in ihren Shootings auch auf reifere männliche Models, der Fashionanbieter Rabe zeigt seine Denim-Kollektion an jungen und älteren Frauen.
Im Zeitmagazin schrieb der Autor Tillmann Prüfer, dass es an der Zeit sei, dass die Mode sich mit reiferen Menschen beschäftigt. „Bislang war 50 das Alter, in dem man für die Modeindustrie unsichtbar wurde – jetzt soll es das Alter sein, in dem eine Frau sich besonders wohl fühlt. Es wäre wesentlich reizvoller und inspirierender, Mode für interessante Menschen zu machen, anstatt so zu tun, als existierten sie gar nicht.“ Denn Menschen ab 50 bzw. 60 Jahren betrachten sich als modern und sind auch modisch interessiert. Die Unternehmensberaterin Dr. Ulla Ertelt erklärt, dass sich noch vor zehn, zwanzig Jahren Frauen bis etwa um die 50 Jahre als „modern“ bezeichnet haben, danach ordneten sie sich eher der Stilgruppe der Klassiker zu. Heute betrachteten sich Frauen bis 60 oder sogar 65 als modern. Die Generation 60+ ist zudem mit vertikalen Modemarken wie Esprit oder Mexx groß geworden. Sie kennen den Saisonrhythmus und sind daran gewöhnt, dass es zumindest jedes halbe Jahr, eher sogar in jedem Quartal neue Trends gibt. Entsprechend sind sie darauf eingestellt, sich immer wieder neue Mode zu kaufen.
In seiner „Typologie der Wünsche“ definierte die Unternehmensberatung Roland Berger Konsumententypen anhand verschiedener Bedürfnisse und Werte. Bei den über 50-Jährigen wurde dabei folgende Segmentierung identifiziert Quelle: Roland Berger Strategy Consultants:
Preisbewusste Häusliche: 43%
deutlich preissensibel, geringe Markenorientierung, schätzen Dienstleistungen, kaufen im Fachgeschäft, aber auch im Fachmarkt
Qualitätsbewusste Etablierte: 28%
preisbewusst, aber bereit, für gute Qualität auch zu bezahlen, relativ hohe Markenaffinität, treue Kunden
Anspruchsvolle Genießer: 15%
Qualität, Design und Marke stehen gegenüber dem Preis im Vordergrund, Genuss, hohe Markentreue, gönnen sich gern etwas, hohe Markentreue
Kritische Aktive: 8%
Bevorzugen Bewährtes und Sicheres; preissensibel, aber bereit, für persönliche Beratung etwas mehr zu bezahlen, kritisch beim Einkaufen, legen Wert darauf, dass man sich Zeit für sie nimmt, suchen aber auch gezielt nach Angeboten
Komfortorientierte Individualisten: 6%
Hohe Konsumfreudigkeit und Technik-Affinität, Qualität wichtiger als Preis, hohe Ansprüche an Dienstleistungen
„Best Ager“ und Schuhe
Zum Wunsch, sich modisch zu kleiden, kommen mit zunehmendem Alter Bedürfnisse hinzu; das wird bei Schuhen besonders deutlich: Der Fuß verändert sich im Laufe des Lebens, wird breiter, „platter“, schmerzempfindlicher und entwickelt nicht selten Deformitäten. Schuhe müssen dem entsprechen, also bequem sein und die nötige Weite haben. Diesen Komfort sollte man ihnen aber möglichst nicht ansehen. Punkten können Hersteller daher mit versteckten Mehrweiten, Polsterungen, Stretch-Einsätzen und cleveren Verschlusslösungen. Nicht umsonst sind aus Sicht vieler Verbraucher Sneaker die neuen Komfortschuhe: Viele der 60- bis 80-Jährigen tragen Schuhe von Marken wie On oder Skechers, weil sie sie modisch finden und ihren Komfort schätzen. Astrid bringt das auf den Punkt: „Ein Schuh muss mir einfach gefallen, die Form muss mir gefallen und er muss natürlich auch zu meinen Füßen passen. Früher habe ich auch gerne spitze Schuhe getragen. Das kann ich heute nicht mehr.“
Ältere Menschen sind mit dem Fachhandel groß geworden. Sie kennen – und schätzen – es, im Geschäft bedient zu werden. Stimmen Service und Angebot, sind Menschen höheren Alterstreu: den Marken und dem Handel gegenüber. Für Jürgen steht fest: „Beratung ist sehr wichtig. Und beim Schuhkauf bin ich auch immer top beraten worden.“ Er würde sich ein größeres Produktangebot für Männer wünschen – auch wenn er wisse, dass die meisten Männer ihr Geld lieber für ein neues Laptop ausgeben als für Kleidung und Schuhe.