Herr Kienast, wie geht es Ihnen derzeit?
Peter-Phillip Kienast: Persönlich geht es mir gut. Und im Unternehmen schauen wir jetzt auf die kommenden Wochen und Monate. Wir haben die Lockdown-Phase überstanden, hatten keine Corona-Fälle und es freut mich, dass jetzt in vielen Bereichen des Lebens wieder eine gewisse Normalisierung spürbar ist: Restaurants sind wieder geöffnet und man darf wieder mit mehr Menschen zusammenkommen. Das sind gute Zeichen.
Inwieweit wirkt sich diese Normalisierung positiv auf Ihr Unternehmen aus?
Von „wirklich“ normal sind wir sehr weit entfernt. Die Auswirkungen der behördlich angeordneten Geschäftsschließung sind immens. Das wirklich extrem große Ausmaß wird erst deutlich, wenn man sich die Zahlen Schwarz auf Weiß vor Augen führt. Wenn wir von Normalisierung sprechen, so ist erkennbar, dass die Frequenzen und Umsätze steigen. Das Minus wird kleiner – aber es ist immer noch da.
Gibt es Unterschiede zwischen den Standorten? Welche entwickeln sich besser? Welche bleiben hinter den Erwartungen zurück?
In unserem Filialnetz gibt es eine große Bandbreite, was die Umsätze betrifft – sie reicht jetzt aktuell im Mai von -60% bis +30%. Nahversorger laufen deutlich besser, einige wenige Standorte sind sogar im Plus. Je großstädtischer, desto schlechter entwickeln sich die Umsätze. Und Einkaufscenter sind ein ganz großes Problem. Dort muss man beim Betreten Masken tragen. Die Sitzmöbel sind abgesperrt, Verhaltensregeln werden durchgesagt. Da kann keine Kauflaune entstehen. Geschäfte, die den Konsumenten ein „praktisches Einkaufen“ ermöglichen, laufen dagegen gut. Alle Läden, für die man eine längere Anreise in Kauf nehmen müsste, sind unattraktiv. Und besonders Standorte, die üblicherweise von vielen Touristen aufgesucht werden, sind in einem desolaten Zustand. Wir haben uns nach dem Lockdown entschieden, alle Geschäfte zu öffnen – auch die, zu denen wenig Kunden kommen. Teilweise haben wir die Öffnungszeiten etwas angepasst und das Personal verringert.
Worin lag für Sie die größte Problematik in der akuten Corona-Phase?
Ganz klar im Lockdown, der ja während einer Phase stattgefunden hat, in der wir mit sehr guten Umsätzen rechnen konnten. Wir hätten super Zahlen haben können, das Wetter war perfekt! Ich möchte allerdings betonen, dass ich die von der Politik beschlossenen Maßnahmen für sinnvoll halte. Es war richtig, wie man gehandelt hat. Aber die Auswirkungen der Entscheidungen werden uns erst jetzt klar – und wohl auch der Politik.
Was wünschen Sie sich als Schuhhändler von der Politik?
Der Mode- und Schuheinzelhandel kann Kurzarbeitergeld beantragen, was ich als sehr sinnvolles Werkzeug erachte. Hinzu kommt die mögliche Inanspruchnahme von Krediten. Weitere und direkte Hilfen gibt es nicht. Jeder Händler muss sich jetzt sehr gut überlegen, wie weit er seine Verschuldung treiben will, denn er wird gezwungen sein, in den kommenden Jahren Gewinne zu erzielen – bei völlig unklaren Aussichten.
Völlig unverständlich ist mir, warum es noch keine App gibt. Dass in der aktuellen Situation der Datenschutz über allem stehen soll, kann ich nicht nachvollziehen. Auch sind die derzeit geltenden Einschränkungen – Maskenpflicht, geschlossene Schulen und fehlende Kinderbetreuung – große Probleme für die Menschen und wirken sich negativ auf den Konsum aus.
Glauben Sie, dass der Konsum, der während des Lockdowns kaum stattgefunden hat, in den kommenden Wochen und Monaten nachgeholt wird?
Nachgeholt wird meiner Meinung nach fast gar nichts mehr. Die Kleider- und Schuhschränke sind voll. Wer kauft denn jetzt Schuhe, weil die alten auseinanderfallen? Alle haben genug Bekleidung zuhause. Es wird also weiter Konsumzurückhaltung geben; ich gehe von schwachen Umsätzen aus. Wobei es sicherlich geschlechtsspezifisch Unterschiede gibt. Das Herrenschuhgeschäft liegt derzeit am Boden. Trotzdem glaube ich, dass der konsumige Bereich, in dem sich ja auch unser Warenangebot bewegt, weniger von der Kaufzurückhaltung getroffen wird als höherpreisige Sortimente.
Das vollständige Interview lesen Sie in der kommenden Ausgabe von schuhkurier.