Herr Riess, starten wir mit einem kurzen Rückblick auf 2020: Wie ist das Jahr für Ihr Unternehmen gelaufen?
2020 war eine große Herausforderung für unser Unternehmen. Es war stark geprägt von der Corona-Pandemie und den damit verordneten Schließungen des Schuhfachhandels. Im Vergleich zu 2019 waren die Verkäufe entsprechend rückläufig. Wir hatten Lockdowns und ein großer Teil der Bevölkerung arbeitete vom Home Office aus. Dadurch wurde weniger eingekauft. Zudem kam es zu Verschiebungen zwischen den Vertriebskanälen. Online konnte durch die Pandemie hinzugewinnen. Aber der Rückgang im stationären Handel konnte durch den Online-Zuwachs nicht kompensiert werden.
Was hat das mit Ihrem Unternehmen gemacht?
Wir waren in einer gewissen Alarmbereitschaft. Das war ja eine nie dagewesene Situation. Wir mussten uns zusammensetzen und überlegen, was wir tun würden. Wie würden wir dem Handel am besten helfen können? Wir haben den Handel mit zusätzlichen Valutierungen, Liefertermin-Verschiebungen, Einlagerung von Ware und der ganzen Palette, die zur Verfügung stand, unterstützt.
Und wie entwickelt sich 2021?
Eine schnelle Erholung von der Pandemie war auch aufgrund der weiteren Schließungen nicht zu erwarten. Das braucht seine Zeit. Der Handel hatte die Vororder F/S 2021 immer noch vorsichtig disponiert. Dies konnte durch eine erhöhte Nachorder etwas ausgeglichen werden. Aber man muss sehen, dass auch die Schuhindustrie stark von der Pandemie betroffen ist. Die geringen Abverkäufe im Schuheinzelhandel und damit verbunden volle Läger bedeuten, dass die Händler für die neuen Saisons tendenziell weniger bestellen. Zusammengefasst: Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise erreichen uns als Hersteller teilweise erst zeitversetzt. Somit ist auch für das Geschäftsjahr 2021 nochmals mit Umsatzeinbußen zu rechnen.
Kommen wir zur Orderrunde F/S 2022 – spüren Sie im Handel eine gewisse Offenheit und mehr Zuversicht?
Die Aufbruchstimmung ist eindeutig da. Auch die Aufgeschlossenheit Neuem gegenüber, sprich unserer neuen Rieker-Evolution-Linie. Der Handel hat zweifellos noch Bestände, in der Branche würde man von Altware sprechen. Aber die Frage ist doch: Wie beurteilt das der Konsument? Erkennt er die ganzen Kollektionen? Wenn ein Schuh nicht gerade eine Farbe hat, die aus dem modischen Raster fällt, ist er nicht unbedingt für den Konsumenten erkennbare „Altware“. Man sieht bei den Dispositionen, dass der Handel sehr auf Neues in den Kollektionen setzt, damit er einen Mix anbieten kann aus dem, was er noch hat, und dem, was neu ist.
Was sind Ihre wesentlichen Learnings aus der Pandemie?
Wichtig sind Transparenz und Kommunikation aller Marktteilnehmer und dass man gemeinsam die durch die Pandemie bedingten Herausforderungen löst. Gleich nach der Verkündung des ersten Lockdowns gab es Anrufe von Händlern, die uns fragten: „Was können wir miteinander machen?“ Das sind wir angegangen. Die Maßnahmen, die wir zu Gunsten des Handels ergriffen haben, wurden sehr gut aufgenommen.
Rieker hat sich in den zurückliegenden Monaten verändert und ist offener geworden. Warum?
Nicht zuletzt hat die Pandemie die Transparenz und Kommunikation noch verstärkt. Miteinander funktioniert es erheblich besser. Daher haben wir heute eine wesentlich offensivere Kommunikationsstrategie im Vergleich zu früher. Ich denke, dass Industrie und Handel näher zusammengerückt sind. Wir sitzen schließlich im gleichen Boot. Durch die Bewegungen im Markt ist ein permanenter und offener Austausch noch wichtiger geworden. Wir haben in diesem Zusammenhang auch unsere neue Produktlinie gelauncht und sind sehr stark in die Kommunikation gegangen. Das werden wir auch weiterhin tun.