Wie schon in 2021 bietet der Großteil der Handelsunternehmen Kunden die Möglichkeit, die Bestellung im Geschäft abzuholen. Mit 83% liegt der Anteil der Unternehmen, die Click & Collect anbieten, auf Vorjahresniveau. Insbesondere Händler aus dem Fashion-Segment konzentrieren sich offenbar auf diese Art der Lieferung. Haben 2021 noch 97% kostenfreie Click & Collect-Lieferungen angeboten, sind es in der Vorweihnachtszeit 2022 nur 54%. In diesem Fall werden beim Großteil Gebühren in gleicher Höhe wie bei einem Versand nach Hause verlangt. Auffällig ist, dass keiner der betrachteten Lebensmittelhändler eine Click & Collect-Option bereitstellt. Die Lieferzeit der Click & Collect-Bestellungen konnte um einen Tag verbessert werden. Dauerte der Versand in die Filiale letztes Jahr noch durchschnittlich 3,8 Tage, liegt dieser Wert 2022 bei 2,7. In diesem Jahr waren zum ersten Mal mehr als die Hälfte der Click & Collect-Bestellungen schneller als die Ship to Home Lieferungen. In 2021 waren Click & Collect-Bestellungen zum Großteil langsamer oder gleich schnell. Zudem haben 34% der Händler Click & Reserve zu ihrem Lieferangebot hinzugefügt. Hierbei wird die Ware online in einer Filiale reserviert, meist auch aus deren Bestand kommissioniert und erst bei Abholung bezahlt.
Nachdem im Sommer Fashion-Händler wie H&M, Zara und Uniqlo Gebühren für die Rücksendung von Paketen einführt haben und im Handel bereits vom Ende der kostenfreien Retoure gesprochen wurde, zeichnen die Ergebnisse der Studie noch ein anderes Bild. Bei dem Großteil der Händler sind Retouren weiterhin kostenfrei, nur drei aller 55 untersuchten Händler verlangen von ihren Kunden bisher eine Retourengebühr. Die Kosten für die Konsumenten betragen hierbei zwischen 1,99 und 2,95 Euro. Zudem ist die durchschnittliche Retourenfrist von 48 Tagen in 2021 auf 42 Tage in 2022 gesunken. Bei genauer Betrachtung der Ergebnisse sticht Ikea mit 365 Tagen besonders hervor. Auch das Fashion Segment mit einer Retourenfrist von bis zu 120 Tagen hebt sich vom Rest der Händler ab.
Bedenklich ist in diesem Jahr wieder das Ergebnis bezüglich der Retourenprozesse. „Nach der Lieferung fangen aus Kundensicht die eigentlichen Probleme an – insbesondere gilt dies für alle Nicht-Fashion-Händler, die dem Retourenmanagement bisher wenig Beachtung schenken“, erläutert Sven Kromer, Managing Director Accenture Retail Strategy & Consulting. Die Schwierigkeiten reichen von fehlenden oder versteckten Informationen im Webshop über nicht vorhandene Retourenformulare und -etiketten, händisch auszufüllende Widerrufsformulare, Listen unvollständiger und zum Teil inkonsistenter Retourengründe bis zur Notwendigkeit mehrmals mit dem Kundenservice in Kontakt zu treten. In einem Fall musste so für die Retoure bei einem Händler aus dem LEH Segment ein handgeschriebener Zettel in das Paket gelegt werden, um das fehlende Retourenformular zu ersetzen. Basierend auf den Erfahrungen scheint die Digitalisierung von Retourenprozessen vielfach noch in Kinderschuhen zu stecken.
Gleichwohl gab es in diesem Jahr auch Händler, die ihre bestehenden Retourenprozesse digitalisiert und vereinfacht haben. Ein Beispiel ist hier ein Fashion Händler, der den Prozess gänzlich papierlos gestaltet. Das Retourenformular ist hier in der Versandbox aufgedruckt, mit Hilfe eines QR Codes kann die Rücksendung online angemeldet werden und die Kund*in kann anschließend das Retourendokumente herunterladen. Lediglich das Retourenlabel müssen sie noch selbst ausdrucken. Hier liegt ein Verbesserungspotenzial, diesen Schritt auch papierlos anzubieten – zum Beispiel auch durch die Unterstützung eines QR Codes, der vom Lieferdienstleister eingescannt werden kann und damit das Retourenetikett vor Ort erstellt wird, was bereits bei einigen Händlern angeboten wird. Auch sogenannte Multi-Carrier-Label, die es Kundinnen und Kunden ermöglicht, den Logistikdienstleister selbst auszuwählen, erleichtern den Retourenprozess spürbar.
Bereits mehr als jeder vierte Händler kommuniziert nachhaltige Lieferoptionen, was 10 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2021 sind. Eine explizit CO2-neutrale Lieferung wird von 16% angeboten. Führend in Bezug auf nachhaltige Lieferoptionen ist – wie im letzten Jahr auch – das Pure E-Commerce Segment. So setzen 75% der Pure E-Commerce Händler auf umweltfreundliche Lieferung, während 50% eine CO2 neutrale Lieferung ermöglichen. Damit konnten sie das Angebot 2022 erheblich verbessern. Im Department & Multi-Brand Store Segment bietet fast jeder zweite CO2-neutrale Lieferungen an.
Neben einer nachhaltigen Lieferung haben Händler auch beim Thema umweltfreundliche Verpackung im letzten Jahr ihre Nachhaltigkeitsinitiativen konsequent vorangetrieben und weitere Fortschritte erzielt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Händler und Marken zuletzt insbesondere den Einsatz nachhaltiger und ressourcenschonender Verpackungsvarianten forciert haben. So wurde jede zweite Bestellung in einer explizit umweltfreundlichen Verpackung (z.B. Papier- statt Plastiktüten) versendet – im Vorjahr war es noch jede vierte. Wenngleich der Großteil der Lieferungen heute in Papierverpackungen bzw. Kartonagen erfolgt, kommen nicht alle Händler ohne den Einsatz von Plastik aus. So wurden immer noch 14% der Bestellungen in Plastikverpackungen und/oder mit Plastik als Füllmaterial geliefert. Hier bietet sich also Verbesserungsbedarf für das nächste Jahr. Weitere Potenziale bestehen mit Blick auf die Qualität und Haltbarkeit von umweltfreundlichen Verpackungen. Wie im letzten Jahr betrifft dies Kartons, die zwar aus recyceltem Material sind, aber schon eingerissen den Kunden ankommen, oder Papiertüten, die sich für die Retoure nur mühsam und mit zusätzlichem Materialeinsatz wieder schließen lassen. Sie sind noch kein optimales Lösungsangebot.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass vorhandene Nachhaltigkeitsinitiativen in Bezug auf Verpackung und Lieferung wenig transparent auf den händlereigenen Websites dargestellt werden und nur mit großem Suchaufwand für Kunden und Kundinnen auffindbar sind. Bemerkenswert ist beispielsweise, dass keiner der Händler im Department & Multi Brand Store Segment nachhaltige Verpackungen im Internetauftritt erwähnt, obwohl sie diese einsetzen. Die Chance sich mit bestehenden Nachhaltigkeitsintiativen in Bezug auf Verpackung und Lieferung gegenüber Wettwebern zu positionieren, bleibt laut Accenture bis dato von den untersuchten Händlern und Marken zum Großteil ungenutzt.