Das Coronavirus hat die Welt fest im Griff. Mehr als 90.000 Menschen in rund 70 Ländern weltweit haben sich mit dem neuartigen Virus infiziert, über 3.000 Menschen sind bereits an der Lungenkrankheit gestorben. Vor allem in China ist das öffentliche Leben weiterhin stark beeinträchtigt. Entsprechend ist auch die Schuhbranche betroffen, schließlich ist China mit großem Abstand das wichtigste Schuhproduktionsland der Welt. Und nicht nur Schuhe werden im „Reich der Mitte“ gefertigt, auch zahlreiche Komponenten – vom Futterstoff bis zum Reißverschluss – stammen aus den zahlreichen Fabriken des Landes.
Größter Schuhhersteller der Welt warnt vor Verzögerungen
Ruhte die Produktion im Februar noch weitestgehend, haben Anfang März zunehmend mehr Fabriken wieder die Arbeit aufgenommen. Dennoch bleibt die Lage angespannt. So warnte etwa am 28. Februar das Unternehmen Yue Yuen vor den Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf die Produktionsabläufe. Mit einer Produktionsmenge von 326 Mio. Paar Schuhen im Jahr gilt Yue Yuen als der größte Markenschuhhersteller der Welt. Zu den Kunden gehören unter anderem Nike, Adidas, Converse und Timberland. Zwar werde in zahlreichen Fabriken wieder gearbeitet, es werde jedoch noch „einige Zeit“ dauern, bis die Produktion wieder das normale Level erreichen werden, teilte Yue Yuen mit. Dies betreffe im Übrigen auch die Fabriken in anderen asiatischen Ländern, da diese zahlreiche Materialien und Komponenten aus China beziehen würden.
Coronavirus: Die Folgen für deutsche Schuhunternehmen
Auch viele deutsche Unternehmen sind von der Coronavirus-Krise in China betroffen. „Die Fabriken und Büros sind quasi direkt nach dem chinesischen Neujahrsfest Anfang Februar nicht mehr geöffnet worden. Zudem wurden von staatlicher Seite einzelne Regionen wie z.B. die Region Wenzhou bis zum 01. März abgeriegelt“, berichtet Ralf Grossmann, CEO von Dockers by Gerli, der insgesamt mit 30 Schuhfabriken in China zusammenarbeitet. Mittlerweile würden zwar nach und nach mehr Fabriken öffnen, von einem geregelten Betrieb könne jedoch noch keine Rede sein, so Grossmann. „Die Problematik besteht darin, dass viele Arbeiter aus ganz anderen Provinzen und zum Teil aus Zentralchina kommen. Auch wenn von öffentlicher Seite die Produktion für eine Region oder einen Standort frei gegeben wird, müssen die Wanderarbeiter aus den anderen Provinzen erst einmal 14 Tage zu Hause in Quarantäne bleiben. Mit anderen Worten: Wenn alles so bleibt, kann nicht mit einer geordneten Produktion vor Mitte/Ende März gerechnet werden.“ Grossmann rechnet aktuell mit Lieferverzögerungen von vier bis sechs Wochen für Herbst/Winter-Ware.
Schuhbranche rechnet mit Lieferverzögerungen
„Es kommen mehr und mehr Arbeiter in die Fabriken zurück“, bestätigt Tim Piepmeyer gegenüber schuhkurier. Der Idana-Geschäftsführer geht davon aus, dass sich die Lage bis Ende März/Anfang April wieder „einigermaßen normalisiert“ hat. Definitiv könne dies allerdings niemand sagen, da auch die Vorstufe betroffen sei.
„Aktuell läuft die Produktion in zahlreichen Fabriken wieder an, nachdem in den vergangenen Wochen die Arbeit komplett geruht hat. Auch unser Büro in Dongguan ist wieder geöffnet. Mit Blick auf die Herbst/Winter-Ware planen wir von Woche zu Woche“, sagt Supremo-Geschäftsführer Christoph Gessner. „Wir alle, Hersteller und Handel, sollten jetzt Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Es bringt nichts, jetzt die Flinte ins Korn zu werfen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist keine verlässliche Einschätzung möglich, ob es zu Lieferverzögerungen kommen wird. Das wird sich vermutlich erst gegen Ende März zeigen. Fest steht: Wir tun unser Bestes, um die Auswirkungen der ganzen Coronavirus-Krise für unsere Kunden so gering wie möglich zu halten.“ Auch der ANWR-Vorstand Fritz Terbuyken beobachtet die Situation. Zwar müsste für Frühjahr/Sommer nicht mit Lieferverzögerungen gerechnet werden, so Terbyuken. Das könne für H/W allerdings schon anders aussehen. Hinzu komme der Aspekt der Versicherung. „Höhere Gewalt“ könne man ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr geltend machen, da die Situation rund um den Virus ja bereits bekannt ist.
Weitere Probleme drohen
Auch wenn die Schuhproduktion in China in einigen Wochen wieder in geregelten Bahnen laufen sollte, stehen die Unternehmen vor der nächsten Herausforderung. „Die nächsten Probleme wird die Bereitstellung von Frachtcontainer bereiten, da deren Umlauf in den zurückliegenden Wochen weitgehend gestoppt wurde“, berichtet Ralf Grossmann. Aus Branchenkreisen heißt es, die Logistikkosten seien bereits auf das Dreifache gestiegen. Darüber hinaus ist aus gut informierten Kreisen zu hören, dass große Sportschuhanbieter, die schon zu einem frühen Zeitpunkt ihre Aufträge gesichert haben, Produktionskapazitäten außerhalb Chinas belegt haben. Andere Unternehmen, die ihre Auftragsbücher derzeit noch nicht komplett gefüllt haben, müssten sich auf Verzögerungen einstellen.