Die in Berlin ansässige Agentur für Audio Branding, Motion Design und Service Design konzipiert und gestaltet Sound, Musik und Bewegtbild. Dazu gehört das Bauen von Sound-Logos. Der Ausgangspunkt von Wodrichs, von vielen Teilnehmern als „Blick über den Tellerrand“ angekündigten Beitrages war die einfache Tatsache, dass der Mensch fünf Sinne habe, sich Werbung aber oft nur an den visuellen wende. Die Ergebnisse legen das nahe: Jeder kennt das Krokodil auf dem Shirt, das rundbogige M der Fastfood-Kette oder den angebissenen Apfel auf dem Laptop-Deckel. (Die Umrisse eines Laubblattes – so bestätigte der Test mit dem Auditorium – bereiten da mehr Kopfzerbrechen.) Aber je mehr Sinne man anspreche und in Gleichklang bringe, so Wodrich, desto deutlicher tritt die Marke als Individuum auf.
Die Stammgäste des Zeulenrodaer Bequemschuh-Symposiums werden sich an den Vortag „Ein guter Riecher fürs Geschäft“ vor einigen Jahren erinnern, wo ein leidenschaftliches Plädoyer für den Duft als besonders emotionales Medium gehalten wurde. Diesmal also ging es um die Klänge. An Beispielen mangelte es nicht: Kirchenglocken, die in eine Sonntag-Vormittag-Stimmung versetzen, der dröhnende Motorensound von Lamborghini, der Noblesse verströmen soll, Gitarrenriffs, die in ein Stones-Konzert versetzen, ein paar tiefe Töne, die sofort James-Bond-Spannung erzeugen…
Wie klingt Ihr Unternehmen?
Die besonderen Potenzen solcher Sound-Logos scheinen, folgt man Wodrich, unermesslich. So kann sich die Zielperson beispielsweise vom Bildschirm abwenden und dennoch beim Weiterhören ein Bild vor Augen behalten. Und selbst nur zur emotionalen Untermalung eingesetzt, zeigen Klänge Wirkung: „In einem Lebensmittelmarkt erklang in der Wein- abteilung französische Musik, worauf hin die Kunden französischen Wein gekauft haben. Bei klassischer Musik wurde generell nach hochwertigeren Weinen gegriffen.“ Und das in der Regel, ohne beidohriges Zuhören; nur wenige Wein-Käufer erinnerten sich beim Hinausgehen an speziell diese Musik.“ Was das alles mit dem Schuhgeschäft zu tun hat? Der Klang-Gestalter ging natürlich nicht davon aus, dass ein Einzelhändler dasselbe Budget ins Spiel bringt wie die Deutsche Bahn oder ein TV-Sender. Aber ein paar Aspekte sind doch bedenkenswert. So empfahl Wodrich, mal genau hinzuhören, mit welchen Klängen das eigene Unternehmen oft eher zufällig verknüpft ist: Kennen Sie Ihre eigene Warteschleife? Wie klingt eigentlich die Türklingel des Ladens? Passt die Musik auf der Website noch immer zu Ihrem Unternehmen? Wie sind die kleinen Videos Ihres Online-Auftritts vertont? Was hört der Kunde eigentlich beim Auswählen und Anprobieren? „Da sollte man sich immer mal durchhören, aufräumen und sich gegebenenfalls auf einen Klang konzentrieren.“ Wichtig sei, dass die Klänge nicht als Sahnehäubchen auf die anderen Marketingmaßnahmen gepackt, sondern immer wieder eingebunden werden.
Lernen von Herrn Seitenbacher
Aus dem Publikum kamen – der Beweis, dass auch ein vermeintlich branchenfernes Thema auf Interesse stößt – reichlich Fragen: „Ist das nicht alles zu aufwändig für uns?“ Die Antwort: „Es muss nicht 100.000 Euro kosten. Ein präzises Briefing von Ihnen und schon kann das Tonstudio vor Ort gute Vorschläge machen.“ Eine weitere Überlegung widmete sich dem Nervenkostüm der Mitarbeiter, die oft oder lange dieselbe Musik hören müssen. Dies werde überbewertet, so der Klang-Experte. Wenn die Sinne dauerhaft demselben Reiz ausgesetzt sind, werde der nicht mehr wahrgenommen; eine angemessene Lautstärke vorausgesetzt. Nach der passenden Hintergrundmusik für das Geschäft befragt, riet Wodrich ab, dies allein dem gerade laufenden Radiosender zu überlassen. Die Musik müsse sorgsam ausgewählt werden (Gema-Anmeldung nicht vergessen!) und könne durchaus saisonal unterschiedlich sein; also Sommerhits zu den Sandalen, Weihnachtslieder zu Stiefeln und dem Geschenke-Shopping. Selbstgemachte Werbe-Spots? Warum nicht? Und die dürfen auch unperfekt oder sogar charmant-nervig klingen. Wer kennt nicht Herrn Seitenbacher und sein Müsli?