Eigentlich ist die derzeitige Situation eine Katastrophe. Nicht nur, dass im Schuhhaus Keller in Ludwigshafens Innenstadt nichts mehr geht – auch online sind die Umsätze in den letzten Wochen dramatisch eingebrochen, und zwar, Corona-bedingt, europaweit. „Wir sehen aber weiterhin eine Chance in der Digitalisierung, mit der wir uns früh und umfassend beschäftigt haben“, erklärt Marcus Keller-Leist.
Schon vor einigen Jahren war er gemeinsam mit dem Senior des Unternehmens, Edmund Keller, mit einem Onlineshop gestartet. Zunächst mit Erfolg. „2017/18 haben wir dann gemerkt, dass die Onlineumsätze zurückgingen. Der Laden lief gut, aber das Online-Geschäft war schwierig“, berichtet Marcus Keller-Leist. Das hatte auch mit den Preisen zu tun. Während man stationär kaum Preisdiskussionen führte, stand man im Internet im Wettbewerb mit den Plattformen und ihren Preisrobotern.
Über einen Freund kam in dieser Zeit der Kontakt mit dem Shopfair24-System zustande, das Händler vernetzt und ihre Sortimente im Internet auf verschiedenen Plattformen anbietet. Das Schuhhaus Keller wurde Pilotpartner. „Uns war immer wichtig, dass wir den Preisverhau im Internet nicht mitmachen wollten“, erklärt Marcus Keller-Leist. Der schnelle Erfolg mit Shopfair24 motivierte die Unternehmer, sich auch selbst mit dem Thema Plattformanbindung zu beschäftigen. Eine neue GmbH wurde gegründet, ein Konzept entwickelt, mehrere erfahrene Mitarbeiter und ein Azubi wurden eingestellt und Kontakt zu anderen Händlern aufgenommen. Inzwischen haben die Ludwigshafener Unternehmer Shopfair24 übernommen; 20 weitere Schuhgeschäfte sind aktuell mit im Boot. Und es dürfen gerne mehr werden. Die in Shopfair eingestellten Produkte werden über zahlreiche Plattformen bzw. Onlineshops international angeboten, von Amazon Europa, Rakuten und Mirapodo über Real und Galeria bis hin zu Check24 und weiteren.
„Die kleinen, individuellen Händler müssen sich zusammentun“, ist Keller-Leist überzeugt. „In Zeiten der Internetgiganten sowieso, aber auch, weil immer mehr Industrieunternehmen eigene Shops starten.“ Und wenn Händler im Internet aktiv seien, so müsse gewährleistet sein, dass sie damit auch Geld verdienen können. Das aber sei mit einem erheblichen Aufwand verbunden, den ein Schuhhändler kaum zusätzlich leisten könne. „Der Verkauf über Plattformen verlangt ein umfangreiches Wissen und ist ein Fulltime-Job für Profis. Der durchschnittliche Händler wird hier keine Umsätze erzielen“, ist Keller-Leist überzeugt. Darum wolle man den Händlern den Aufwand abnehmen.
In Ludwigshafen steht eine 360°-Fotobox, die alle Produkte professionell für den Onlineauftritt fotografiert. Teilnehmende Händler können ihre Schuhe schnell und unkompliziert ablichten lassen. Überhaupt bietet das Team in Ludwigshafen nach Aussage von Marcus Keller-Leist den angeschlossenen Händlern ein Rundum-Sorglos-Service-Paket, bis hin zur Erstellung eines individuellen Onlineauftrittes und Social Media Strategien.
In jedem Fall werden für alle teilnehmenden Häuser zusätzliche Verkäufe generiert, drei bis dreißig Bestellungen am Tag, je nach Sortiment. 80% der Ware wird laut Keller-Leist zum UVP angeboten. Die Abverkaufsquote sei sehr gut. Der Aufwand indes, den ein einzelner Händler bestreiten müsse, sei sehr gering. Preisoptimierung, SEO, Versand, Schnittstellen – alles wird vom Team in Ludwigshafen übernommen. Edmund Keller und Marcus Keller-Leist wünschen sich, dass ihr Konzept weiter wächst und mehr Händler daran teilnehmen. „Wir stehen auch in diesen Zeiten für eine positive Veränderung im Schuhhandel.“