Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat entschieden, dass im Fall einer Geschäftsschließung, die aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erfolgt, für Mieter von gewerblich genutzten Räumen grundsätzlich Anspruch auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht kommt ((Az. XII ZR 8/21).
Es bedürfe jedoch in jedem Einzelfall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände zu berücksichtigen seien. Dazu zählten der Umsatzrückgang im jeweiligen Mietobjekt, aber auch staatliche Unterstützungsmaßnahmen. Auch die Interessen des Vermieters seien in den Blick zu nehmen, so die Richter in Karlsruhe. Eine pauschale Betrachtungsweise sei dagegen nicht sinnvoll. Im konkret verhandelten Fall ging es um eine Kik-Filiale in Sachsen, die vom 19. März bis zum 19. April 2020 schließen musste. Das Oberlandesgericht Dresden hatte entschieden, dass Kik nur etwa die Hälfte der Miete zahlen muss. Der BGH hob dieses Urteil nun auf, das Gericht in Dresden muss die Sache noch einmal verhandeln.
Verbände begrüßen das Urteil
Der BTE begrüßte das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), das von vielen Händlern mit Interesse verfolgt wurde. BTE-Hauptgeschäftsführer Rolf Pangels: „Es ist nur fair, dass die Kosten und Nachteile einer erzwungenen Schließung auf Mieter und Vermieter verteilt werden. Von dem Urteil können tausende Textil-, Schuh- und Lederwarengeschäfte profitieren, die vor allem in den Innenstädten oft hohe Mieten zahlen und sich längst nicht immer mit ihren Vermietern über eine Mietminderung während des Lockdowns einigen konnten.“
Der BGH habe in seinem Urteil vom 12. Januar deutlich gemacht, dass die Belastungen durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen staatlichen Maßnahmen in gewerblichen Mietverhältnissen nicht von vornherein ausschließlich vom Einzelhändler als Mieter zu tragen seien, teilte auch der HDE mit. Richtigerweise seien die Risiken daher zwischen den Parteien in einem angemessenen Verhältnis und unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls zu teilen. Der HDE sieht das als klaren Hinweis, dass Vermieter und Mieter in ihrem Vertragsverhältnis eine faire und ausgewogene Lastenverteilung anstreben müssen. „Das BGH-Urteil bestätigt unsere Rechtsauffassung. Es ist ein wichtiger Schritt, dass nun auch höchstrichterlich verbrieft ist, dass die finanziellen Risiken in Verbindung mit der Pandemie nicht alleine auf die Mieterseite abgewälzt werden dürfen. Damit ist der Weg für eine Anpassung der Mieten in den individuellen Vertragsverhältnissen endlich grundsätzlich frei“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
Verbundgruppen zeigen sich zufrieden
Auch die Verbundgruppen zeigen sich zufrieden mit dem Urteil des Bundesgerichtshof. SABU-Geschäftsführer Stephan Krug: „Wir haben unsere Mitglieder in der Vergangenheit immer wieder ausführlich über den aktuellen Stand bzw. über entsprechende frühere Urteile informiert und für Fairness auf beiden Seiten – Vermietern und Mietern – plädiert. Vor einem drohenden Gerichtsprozess sollte immer der Weg einer gütlichen Einigung versucht werden.“ Auch die ANWR Group betrachtet das Urteil als „grundsätzlich positiv“. Aber auch die Verbundgruppe aus Mainhausen legt ihren Mitgliedern nahe, nur im äußersten Fall zum Rechtsmittel zu greifen. Die Verbundgruppe GMS aus Köln mahnt, das Gespräch mit den Vermietern zu suchen und entsprechende Entlastungen zu verhandeln. Insgesamt begrüße man jedoch die Entscheidung des BGH zugunsten des Handels.