Ein langer Weg
Seit rund einem Jahr begleitet Sohn Leon das Unternehmen. Die Entfernung zum Laden war für ihn ohnehin nie groß. Bereits als Kind ist er darin aufgewachsen, das Kinderzimmer befand sich im alten Ziegelgebäude sogar direkt über der Kinderecke. Die Entwicklung von der Kindheitserinnerung zum Arbeitsplatz und damit vom Elternbetrieb zum eigenen zu vollziehen, bleibt dennoch ein langer Weg. Die verbleibenden fünf Jahre bis zum voraussichtlichen Ausstieg der Eltern werden dazu genutzt, den Sohn gut einzuarbeiten. Seit dem Beginn im letzten Jahr hat der Nachfolger zwei Saisons mitgemacht. Gemeinsam besuchten sie Messen und Orderzentren, kamen ins Gespräch und vor allem: Der Junior lernte immer weiter dazu. Zum Beispiel, worauf er beim Ordern des Sortiments zu achten hat, wie Leon resümiert. „Und dann lernte ich eben, warum dieser Schuh besser ist und nicht der andere, nur weil irgendeine Naht dort anders gesetzt ist als dort drüben.“ Für die Mutter war das beim ersten Blick bereits klar, er jedoch musste erst die Sortimente Stück für Stück einordnen, um Entscheidungen treffen zu können. Dabei gilt es auch, sich darüber mit den Mitarbeitenden zu unterhalten, sollten sie beispielsweise mit dem gewählten Sortiment unzufrieden sein. „Im ersten Moment fühlte ich mich vielleicht angegriffen oder auch in der eigenen Kompetenz nicht geschätzt. Schließlich habe ich die Ware eingekauft, weil ich sie gut fand. Doch im nächsten Schritt denkt man darüber nach und lässt sich auf die Kritik ein. Jetzt hat meine Mitarbeitende schon den Mut gefasst, also höre ich ihr zu, überlege ernsthaft, ob sie nicht auch recht hat.“ Diese offene Kommunikation ist für den jungen Unternehmer essenziell und wichtiger Teil der Menschenführung. „Es ist mein Job, für ein Klima zu sorgen, in dem Mitarbeitende auf mich zukommen und ihre Meinung äußern, gerade auch wenn es Kritik ist.“
Auch Leon hat bereits Verbesserungsvorschläge, wie die Eltern feststellen. Das gehöre dazu, soll er doch eines Tages das Geschäft übernehmen. Denn von zwei Geschäftsführenden würde die Verantwortung auf einen übertragen, mitsamt der Aufgaben und Verpflichtungen. Deshalb plane die Familie bereits jetzt, überschüssige Tätigkeiten auf freiwillige Mitarbeitende zu verteilen. Dadurch kommt es auch unter den Angestellten zu einer organischen Transformation. „Das Team muss ein anderes sein, wenn wir gehen“, erklärt Marlies. „Es wird eine neue Rollenverteilung geben und neue Aufgaben.“ Zum Glück der Schuhhändler fordern bereits jetzt Mitarbeitende gewisse Aufgaben. „Ein paar Aufgaben müssen aber bei mir bleiben“, so Leon. Bereits jetzt finden Vernetzungen mit dem Kreis Junger Unternehmer der ANWR statt. Auch befindet er sich im regen Austausch mit Händlern in ähnlichen Situationen. „Das ist auch eines unserer Ziele. Sobald wir den ganzen Übergabeprozess durchlaufen haben, möchten wir sagen können: Hey, so ist es bei uns gelaufen. Solltet ihr Fragen haben, wendet euch an uns. Wir teilen unsere Erfahrungen gern und helfen euch, wenn ihr es wollt.“ Bereits ist geplant, die Fortschritte des Übergangs Stück für Stück zu protokollieren und für andere nachvollziehbar zu gestalten. In Form eines Blogs wollen die Hüsers ab Juli anderen Unternehmen dabei helfen, die Schwierigkeiten eines Generationenwechsels zu überwinden.
Das Schuhhaus von Familie Hüser fokussiert sich vor allem auf farbenfrohe Kinderschuhe. (Foto: Redaktion)