Michael Schmitz, Managing Director Europe bei Birkenstock (Foto: Birkenstock)
28. September 2020: Michael Schmitz, Managing Director Europe bei Birkenstock, erklärt die Hintergründe der Entscheidung
Nach mehr als fünf Jahren beendet der Schuhhersteller aus Linz am Rhein seine Mitgliedschaften in der ANWR inklusive deren angeschlossener Gesellschaften, im GMS Verbund und beim SABU mit Wirkung zum 31. Dezember 2020. Ausgenommen von dieser Entscheidung ist der Essener GEB. „Die aktuell schwierige Zeit hat gezeigt, dass die Marke Birkenstock sehr gut funktioniert, gerade auch durch die enge Zusammenarbeit mit unseren Händlern. Wir ziehen an einem Strang und haben gemeinsam sehr schöne Ergebnisse erzielt“, erklärt Michael Schmitz gegenüber schuhkurier.
Für sein Unternehmen sei die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Handel und allen beteiligten Stakeholdern wichtig. Und man finde aktuell, „dass die Unterstützung der Verbände bzw. die Wertegemeinschaft, die Verbände zum Teil verkörpern, nicht mehr zu uns passt“.
Als Familienunternehmen mit heimischer Produktion lege Birkenstock „äußersten Wert“ auf die hohe Qualität seiner Produkte. Gleichzeitig sichere man mehr als 4.000 Arbeitsplätze weltweit, einen Großteil davon in Deutschland. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem qualifizierten Fachhandel spiele eine entscheidende Rolle bei der gemeinsamen Positionierung als hochwertige, absatzstarke Marke. Man sei aber zu der Überzeugung gelangt, dass die Handelsverbände nicht entschieden genug gegen Birkenstock-Kopisten vorgehen und diesen immer wieder eine Bühne geben. „Nehmen Sie das Beispiel Big Buckle. Dieser Artikel ist bei uns sehr erfolgreich. Aber wir sehen vermehrt Kopien, auch bei einzelnen Verbänden. Das stört uns“, so Schmitz. Man habe dies verschiedentlich bei den Verbundgruppen vorgebracht – mit nicht ausreichenden Ergebnissen: „Man wird angehört, aber die letzte Konsequenz daraus, entschieden gegen Kopisten vorzugehen, sehen wir nicht. Marken sind wichtig für den Einzelhandel und wichtig für erfolgreiches Handeln. Durch Kopien wird eine Marke wie Birkenstock beschädigt.“
Für den Premium-Anspruch der Marke und das Konzept von Qualität made in Germany werde nicht genug getan, ist Schmitz überzeugt. Die Zusammenarbeit mit den Verbänden sei nicht nur in der letzten Zeit schwierig für Birkenstock gewesen. „Es ist ein Prozess, der hinter uns liegt.“
Für den Handel soll sich nicht viel ändern
Für den Handel soll sich mit dem Schritt von Birkenstock nicht viel ändern – es erfolge lediglich der Wegfall der ZR. Damit sei der Aufwand für Händler möglicherweise höher – ebenso wie auch der Aufwand für Birkenstock steige. „Der Schutz unserer Marke und Designs geht aber vor.“ An der Partnerschaft mit guten Kunden halte man fest, so Schmitz. Für Händler, die die gleichen Werte vertreten wie Birkenstock, sei man weiterhin in vollem Umfang da. „Wir suchen natürlich den engen Kontakt mit unseren loyalen Händlern und auch sie sollen gerne das Gespräch mit uns suchen, um gemeinsam eine erfolgreiche Zukunft zu gestalten.“
Auslieferungen an die Händler ab Januar 2021 sollen in direkter Abwicklung mit dem Unternehmen erfolgen. Schon jetzt bestehe die Möglichkeit für Rückfragen zu Bestellungen oder anderen Prozessen der Zusammenarbeit beim zuständigen Ansprechpartner im Außendienst oder beim Vertriebsinnendienst.
Um künftig Kollektionen zu sichten, können Händler die Birkenstock-Showrooms in München, Hannover und Sindelfingen aufsuchen. Auch im österreichischen Salzburg gibt es einen Showroom. Darüber hinaus wird im neuen europäischen Headquarter in Köln derzeit ein weiterer großer Showroom eingerichtet. „Zusätzlich nutzen wir verstärkt elektronische Medien, um die Händler noch besser zu informieren.“ Messen haben für das Unternehmen aktuell jedoch keine große
Relevanz. „Mit dem Gros der Kunden können wir auch außerhalb von Messen arbeiten“, so Schmitz.
„Haben den Handel im Lockdown unterstützt“
Mit vielen Händlern habe das Unternehmen in der akuten Corona-Krise in engem Kontakt gestanden, so Schmitz. „Während des Lockdowns haben wir den Handel im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützt. Unsere Produktion war für acht Wochen geschlossen, wir hatten Mitarbeiter in Kurzarbeit. Wir haben Auslieferungen gestoppt und nach hinten geschoben. Die Nachfrage unserer Konsumenten war erfreulicherweise ungebrochen und ist sogar noch gestiegen. Entsprechend ist die Auslieferung direkt nach der Lockdown-Phase wieder angelaufen und die Händler und wir sind dankbar dafür.“
Auch im Onlineshop gebe es eine positive Entwicklung. „Wir können dort eine breitere Produktpalette anbieten als rein stationär. Das hat wiederum Vorteile für den Handel, denn wir sehen an den Abverkäufen und Ergebnissen einen Querschnitt der Konsumenten“, so Schmitz. Der Onlineshop sei jedoch nicht der größte Vertriebskanal für Birkenstock. „Menschen wollen unsere Schuhe auch gern im stationären Handel kaufen. Auch ist Beratung für uns sehr wichtig, von daher kommt dem stationären Handel eine große Bedeutung zu.“
Dass man das jüngste Vorgehen von Birkenstock als arrogant empfinden könnte, sieht Michael Schmitz nicht. „Es gibt andere Marken, auf die die Bezeichnung sicherlich eher zutreffen würde als auf uns. Wir sind sehr nah bei unseren Kunden. Sind wir jemand, der mitschwimmt? Nein, wir sind jemand, der auch klare Kante zeigt.“