Das tut weh. Sechs Dekaden mit jeweils zweistelligen Minuszahlen. Der Schuhhandel wird in diesem Frühjahr wie selten zuvor auf eine harte Probe gestellt. Die Umsatzkrise geht an die Substanz. Und an die Nerven. Da konnte diese Meldung der vergangenen Tage zunächst nur irritieren: Geschäftslage und Erwartungen im Handel sind weiterhin positiv.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet für das laufende Jahr mit steigenden Umsätzen. Es wäre das neunte Plus in Folge. Läuft. Allerdings lohnt ein genauerer Blick auf die Zahlen: Von der guten Konsumstimmung profitieren nämlich vor allem große Filialisten und insbesondere Onlinehändler. So bleibt der E-Commerce mit einem erwarteten Umsatzanstieg um rund 10% der Wachstumsmotor. Im stationären Handel sieht es dagegen deutlich anders aus. Hier soll das Plus nominal lediglich 1,2% betragen. Da die Preissteigerung jedoch mindestens 1,5% betragen wird, dürfte unter dem Strich real sogar Minus stehen. Betroffen sind davon vor allem die kleinen Einheiten mit weniger als fünf Beschäftigten, die zwar nur für 10% des Umsatzes, aber für 54% der Standorte stehen. Sie kalkulieren mehrheitlich mit einem Umsatzminus. Keine gute Nachricht für attraktive und lebendige Innenstädte.
Die Schere zwischen kleinen und großen Handelsunternehmen geht immer weiter auseinander. Es formiert sich eine Drei-Klassen-Gesellschaft. So gibt es zum einen die übermächtigen Online- Player wie Zalando und Amazon, die weiter rasant wachsen und sich immer größere Marktanteile einverleiben. Hinzu kommen die großen Filialisten, die zunehmend ihre stationäre Präsenz und den eigenen Onlineshop zu einem Multichannel-Angebot verbinden. Das gelingt mal mehr und mal weniger erfolgreich – ist aber immer mit hohen Kosten verbunden. Und drittens gibt es die vielen kleine Händler, denen es angesichts des rasanten Wandels immer schwerer fällt, mitzuhalten. Sie fallen dem Online-Boom zum Opfer. Richtig und wichtig ist vor diesem Hintergrund die Aufforderung des HDE an die neue Bundesregierung, endlich Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb mit ausländischen Plattformhändlern zu schaffen. Gemeint ist vor allem Amazon. Rechnet man eigene Verkäufe und die Marktplatz-Umsätze zusammen, beträgt der Marktanteil des Unternehmens am Onlinehandel in Deutschland laut dem IFH Köln bereits 46%. Zunehmend schneidet Amazon anderen Anbietern den Zugang zum Kunden regelrecht ab. Gleichzeitig gelingt es über findige Modelle, sich einer angemessenen Besteuerung zu entziehen. Das ist nicht gerecht. Die Politik muss handeln.