Herr Große-Kreul, wie haben Sie den Shutdown erlebt?
Es ist der komplette Wahnsinn! Wir haben lange nicht damit gerechnet, dass die Regierung uns die Geschäfte zumacht. Erst als die Schulschließungen beschlossen wurden, war uns klar, dass es auch uns treffen würde. Dabei könnte der Zeitpunkt für den Handel nicht schlechter sein! Wäre es z.B. im Januar zu Ladenschließungen gekommen, hätte vor allem die Industrie ein Riesenproblem gehabt. So trifft es aber nun den Handel in voller Härte. Uns gehen massiv Umsätze verloren.
Wie erleben Sie den Austausch mit den Lieferanten?
Das ist sehr unterschiedlich. Ich habe direkt am 16. März begonnen, alle unsere Lieferanten zu kontaktieren, um gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen, die Situation zu entspannen. Während einige sehr bemüht sind, verweigern sich andere. Übrigens habe ich die besten Angebote von meinen Textillieferanten erhalten. Die haben sehr faire Angebote gemacht. Dagegen müssen wir ja bei den Schuhherstellern schon mit 60 Tage Valuta zufrieden sein. Obwohl uns das auch nicht wirklich weiterbringen wird.
Was meinen Sie konkret?
Wir verlagern doch so das Problem nur in den Sommer. Was da noch an Rechnungen auf uns zukommen werden…! Und das bei eher niedrigen Umsätzen, denn wir werden sicher nicht direkt gut verkaufen, sollten die Geschäfte wieder öffnen dürfen, weil die Kunden noch sehr zurückhaltend sein werden. Da wird uns noch einiges um die Ohren fliegen.
Wie bewerten Sie die angekündigten Finanzhilfen?
Die aktuellen Maßnahmen passen nicht zu den Bedürfnissen des Schuh- und Modehandels. Das Modell, über die Hausbanken KfW-Kredite zu beantragen, ist nicht ausreichend. Ich bin mir aber sicher, dass die Politik noch nachbessern wird und letztlich nicht drum herum kommen wird, 100% des Kreditrisikos zu tragen. Grundsätzlich sollte sich jedoch jeder Unternehmer hinterfragen, ob er weitere Kredite überhaupt mittelfristig schultern kann.
Wie läuft das Geschäft aktuell bei Ihnen weiter?
Wir haben alle Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Aktuell betreuen meine Frau, meine Schwester und ich unseren Onlinehandel.
Wie haben sich die Online-Bestellungen im Zuge des Shutdowns entwickelt?
Das Geschäft ist seit dem vergangenen Wochenende angesprungen. Wir liegen zwar noch unter dem Niveau des Vorjahres, aber es ist ein Aufwärtstrend erkennbar. In den ersten zehn Tagen nach den Schul- und Ladenschließungen waren viele Kunden offensichtlich verunsichert. Das ist auch nachvollziehbar angesichts der Vielzahl an Unternehmen, die ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt haben. Den meisten war doch völlig unklar, wie viel Geld sie am Ende des Monats überhaupt erhalten werden. Nun ist das Geld da und der Konsum springt wieder an.
Wie geht es weiter? Werden die Geschäfte am 20. April wieder öffnen?
Diese Hoffnung habe ich. Die Politik wird einsehen, dass andernfalls die Wirtschaft vollends an die Wand gefahren wird. Im Übrigen könnte die Corona-Krise auch zu einer Renaissance der Klein- und Mittelstädte führen. Vermutlich werden die Menschen auch nach einer Lockerung der Maßnahmen große Menschenansammlungen meiden, also auch die Innenstädte von Großstädten und Einkaufszentren. Davon könnte der Handel in kleineren Städten profitieren. So rede ich mir die aktuelle Lage jedenfalls gerade schön…
Es kursieren in der Schuh- und Modebranche Ideen, für die kommenden Monate ein einmaliges Rabattverbot zu erlassen bzw. den Sommerschlussverkauf wieder einzuführen. Was halten Sie davon?
Das ist ein absolutes Wunschdenken, das völlig an der Realität vorbeigeht. Unser Problem ist doch, dass wir jetzt vier Wochen lang zu wenig Sneaker verkaufen – und wenn wir wieder öffnen dürfen, wollen die Kunden nur noch Pantoletten und Sandaletten! Das bekommen wir auch über Verbote nicht geregelt.