Als Kooperationspartner wollen Premium Group und Messe Frankfurt dort ein „völlig neues Ökosystem“ der Mode aufbauen: mit fünf Plattformen, drei Messen, zwei Konferenzen, über 2.000 Designern und Marken – und 140.000 angepeilten Besuchern aus 100 Ländern. Wow.
Wer jetzt Berlin aus einem Reflex heraus als Standort des Modeevents nachtrauern möchte, sollte ehrlich sein: Eine mutige Veränderung der in die Jahre gekommenen Fashion Week war überfällig. Die Zeit der Endlosparty mit Dauerbeschallung vom Gleisdreieck bis zum Tempelhof ist schon lange vorbei. Die Beats sind verklungen, die Vibes verblasst. Am leicht schäbigen Chic alter Industriehallen hat man sich sattgesehen, das kreative Potenzial der Hauptstadt hat zuletzt deutlich an Kraft eingebüßt. Kurzum: Berlin ist kein Fashion Hotspot (mehr) – und schon gar kein internationaler.
Der Umzug von Premium, Seek und Fashiontech auf das Tempelhof-Gelände, der zuletzt von vielen erwartet worden war, wäre wohl eine Veränderung gewesen – aber nicht mutig genug. Die Branche braucht schon seit langem einen kraftvollen neuen Impuls.
Denn unser Business befindet sich in einem massiven Veränderungsprozess, vom Strukturwandel in Handel und Industrie über neue Anforderungen an das Sourcing bis hin zur Saisontaktung. Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind weitere Aufgaben, denen sich alle zu stellen haben. Die Corona-Krise hat Tempo und Ausmaß der Veränderungen nochmals verschärft.
So kommen die Pläne der beiden Messeveranstalter zur rechten Zeit. Kein alter Wein in neuen Schläuchen, sondern etwas völlig anderes soll hier versucht werden. Und groß soll es sein: Nach dem Willen der Premium-Chefin Anita Tillmann will man sich nicht mit anderen deutschen Städten vergleichen, sondern mit internationalen Mode-Hotspots wie Mailand und Paris.
Frankfurt hat einiges in die Waagschale zu werfen: Die Messe Frankfurt ist ein Big Player unter den internationalen Veranstaltern. Die Stadt ist schnell und einfach erreichbar, verfügt über eine exzellente Infrastruktur, ein hochmodernes Messegelände und viel internationales Business. Der Wille aller Beteiligten und der Verantwortlichen von Stadt und Land dürfte ebenfalls als „ordentliches Pfund“ auf der Habenseite zu verbuchen sein.
Nun will Frankfurt also beweisen, dass es auch Mode kann. Einen Versuch ist es wert – und er kann gelingen. Detlef Braun, Geschäftsführer der Messe Frankfurt, brachte es auf den Punkt: „Alte Wege werden keine neuen Türen öffnen.“