Andreas Schaller kennt die Wirkung seiner Worte. Der Geschäftsführer von Lloyd ist beileibe kein Leisetreter, der es möglichst allen recht machen will. Im Gegenteil: Der gebürtige Pfälzer geht verbal bevorzugt dahin, wo es auch mal weh tut. Schaller legt den Finger in die Wunde. Wo es aus seiner Sicht zu Fehlentwicklungen kommt, spricht er diese offen an. Schaller geht es nicht um die Lust an der Provokation, sondern um ein ehrliches Interesse an der Weiterentwicklung einer Branche, die sich oftmals nur im Schneckentempo bewegt. Wohl wissend, dass er sich mit seiner direkten Art nicht nur Freunde macht. Sondern auch aneckt. Und zum Teil sogar empört. Das gilt auch für seine Aussagen in dieser Ausgabe von schuhkurier.
Leidenschaftlich kämpft Andreas Schaller für ’seine‘ Herrenschuhe. Aktuell kein Warensegment, das dem Handel große Freude bereitet. Die Saison war schwierig – mal wieder. Dennoch gilt für den Lloyd-Chef die Parole ’Finger weg von der Herrenschuhabteilung‘. Der Experte ist überzeugt: „Wenn ein Unternehmen die Herrenschuhabteilung aufgibt, ist das für die meisten Geschäfte der Anfang vom schleichenden Tod.“
Wer austeilen kann, muss auch einstecken können. Und, wenn angebracht, Selbstkritik üben. Das gilt auch für das Experiment, das Lloyd Mitte Mai am Hamburger Flughafen gestartet hat – und in seiner ursprünglichen Form gescheitert ist. Zur Grundidee: Auf einer Pop-Up Fläche werden die Schuhe des Herstellers den Reisenden präsentiert. Diese können ihr Lieblingsmodell über das eigene Smartphone oder ein Tablet bestellen und nach Hause liefern lassen. „Ich war als Initiator voll und ganz von dem Konzept überzeugt, muss nun aber feststellen, dass es von den Kunden nicht angenommen wird“, sagt Andreas Schaller. Unterschätzt wurde dabei vor allem der Wunsch der Kunden, Schuhe, die zuvor haptisch entdeckt wurden, auch direkt mitnehmen zu können.
Die Lieferung nach Hause? Für viele Kunden in Hamburg keine gleichwertige Alternative. Auch wenn für Lloyd damit in Hamburg die Rechnung nicht wie erhofft aufgegangen ist, sind die Erkenntnisse dennoch wertvoll. Und für den stationären Handel sogar tröstlich. Digital ist eben doch nicht immer besser. Auch Lloyd wird seine Lehren ziehen. Dabei, so ist zu hoffen, werden sich die Verantwortlichen in dem Unternehmen aus Sulingen nicht von ihrem Kurs abbringen lassen. Innovationen können scheitern. Das ist nicht schlimm. Bedauerlich wäre es nur, wenn anschließend wieder auf ’Nummer sicher‘ gesetzt werden würde. Diese Branche braucht Veränderung.