Kampf um Nachwuchs
Tatsächlich unterscheiden sich die Erwartungen jüngerer Mitarbeitender fundamental von denen älterer. „Die Jüngeren wollen in der Regel nicht Vollzeit arbeiten“, sagt Christian Bode. „Freizeit hat für die junge Generation höchste Priorität“, bestätigt ein Schuhhändler aus einer niedersächsischen Kreisstadt. Samstagsarbeit etwa ist für langjährige Mitarbeiterinnen normal, für deren junge Kolleginnen hingegen oft ein Problem. Um sich im „war for talents“ zu behaupten, reagieren die Unternehmen darauf in der Regel flexibel und lösungsorientiert. Auch haben einige Unternehmen die Gehälter teils von sieben bis zehn Prozent erhöht, mancher zahlt Inflationsausgleich, räumt großzügige Rabatte ein, viele feiern regelmäßig Feste oder im Sommer Grillparties mit ihren Teams; in anderen Branchen längst etablierte Vergünstigungen wie Fahrtkostenzuschüsse, Fitnessstudio-Abos oder Bike-Leasing werden ebenfalls erwogen. Weiterbildung erfolgt bei professionell arbeitenden Schuhhändlern durch interne Schulungen, externe Coaches oder in der unternehmenseigenen Akademie, wo Mitarbeitende sich für Führungspositionen qualifizieren können. Das Wichtigste für die jüngeren Jahrgänge ist jedoch – das haben auch Untersuchungen der BBE Unternehmensberatung gezeigt – ein angenehmes Betriebsklima mit einer möglichst familiären Atmosphäre.
Auch im gesamten Recruiting-Prozess, der generell deutlich langwieriger und aufwändiger geworden ist, stellt man sich auf die Jungen ein. „Eine Stelle neu zu besetzen, dauert heute wesentlich länger, im Schnitt drei Monate“, sagt Jörg Riemer. Das Tageszeitungsinserat hat ausgedient, erfolgversprechender ist das Karriereportal der eigenen Website oder ein Plakat im Schaufenster, ebenso wie die Suche auf den bekannten Social Media-Kanälen und Job-Portalen, mitunter auch die Kooperation mit der Arbeitsagentur. „Ebay-Kleinanzeigen ist ebenfalls eine erfolgversprechende Plattform“, verrät Peter
Frank, Senior Consultant bei BBE, der zudem empfiehlt, Bewerbungen per Video zu ermöglichen, denn „für 50% der Kandidaten ist die schriftliche Bewerbung ein Riesenhindernis“. Viele Händler engagieren jedoch auch gern etwas reiferen, meist branchenfremden „Nachwuchs“. „Das Alter spielt mittlerweile eine untergeordnete Rolle“, so Jörg Riemer, „wir haben kürzlich sogar eine 65Jährige eingestellt.“ Hauptsache, die potentielle Mitarbeiterin „ist freundlich und arbeitet gern mit Menschen“, sagt Rudolf Berg, „Fachkompetenz kann man lernen.“
Peter Frank, BBE (Foto: BBE)