„Der erste Tag war von der Frequenz ruhig, aber die Kunden, die da waren, hatten eine Kaufabsicht. Wir waren mit dem Umsatz zufrieden“, fasst BLE-Präsidentin Nina Kiesow den ersten Tag in ihrem Geschäft in Kleve zusammen. Am Dienstag hätten die Frequenz und demzufolge der Umsatz bereits nachgelassen. „Ich würde das vom Niveau mit einer ruhigen Zeit im Jahr vergleichen. Die Kunden hielten Abstand und waren froh, wieder shoppen zu können.“
Bei Olaf Hrastnig (Koffer-Ecke GmbH, Ludwigsburg) lief es je nach Standort sehr unterschiedlich. „Die Koffer-Ecke im Breuningerland Ludwigsburg ist extrem schwach gestartet. Das liegt bestimmt daran, dass der Großteil der Geschäfte im Center noch geschlossen ist.“ Er wolle sehen, wie es sich bis Ende der Woche entwickelt. „Wenn es nicht besser wird, machen wir gegebenenfalls wieder zu.“ In der bagsplus-Filiale im Teck-Center in Kirchheim sei zwar mehr los. Trotzdem lägen die Zahlen über 50% schlechter als im Vergleich zum Vorjahr. Und im bagsplus studio in der Kirchheimer Innenstadt „geht leider auch gar nichts“.
Olaf Hrastnig stellt sich daher auf schwere Zeiten ein. „Es wird für unsere Branche ein harter Kampf werden, denn wir kommen erst, wenn Kleidung und Schuhe gekauft sind und hoffentlich bleibt dann überhaupt noch was für uns übrig.“
Dieter Mönckemeyer vom gleichnamigen Geschäft in Hameln machte andere Erfahrungen. „Der erste Tag hat unsere Erwartungen weit übertroffen, auch in der Stadt war gute Frequenz, aber keine Massen. Der zweite Tag war bei uns extrem stürmisch, somit ließ auch die Frequenz zu wünschen übrig.“ Der Umsatz sei trotzdem „noch ok“ gewesen. Die Kunden verhielten sich vorsichtig und seien richtig froh, wieder unter Leute zu kommen. Ein kurzer Loop-Schal, der sich als Mundschutz perfekt eignet, ist unser Renner. Bei einem VK von 5,99 Euro ist er allerdings eher ein Frequenz- denn ein Umsatzbringer.“
Michael Genth vom Fachgeschäft Leder Spahn in Saarbrücken stellt fest, dass sich die Kunden aktuell „sehr vernünftig“ verhielten. „Es sind gezielt kaufende Kunden in den Geschäften und im Vergleich zu ,normalen‘ Zeiten sehr wenige nur bummelnde Kunden in den Läden.“ Auf der Straße bewegten sich viele Menschen unabhängig vom Einkauf in den Geschäften. Diese kämen zum Flanieren ohne Kauf- oder Wareninteresse oder nutzten die Bahnhofstraße als reinen Verkehrsweg. Genth verweist er auf die große Bedeutung von wieder geöffneten Büros, Ärzten oder Anwälten, die sich rund um die Fußgängerzone befinden und schon immer für relativ zum Umsatz hohen Frequenzen in der Straße gesorgt hätten. „Die Umsätze liegen auf dem Niveau der Frequenzen. Je nach Laden zwischen 30 und 50% des Vorjahres, abgesehen von einzelnen Sortimenten wie Büchern und Sportartikeln.“
Re-Start Lederwarenhandel: Ohne Schule „eine Katastrophe“
Ralf Maurer von Leder Maurer in Böblingen vergab seit letzter Woche Termine für die Ranzenberatung. „Dadurch waren schon am Montag zwei Mitarbeiter praktisch durchgängig belegt – im Dreiviertelstunden-Takt. Insgesamt ein sehr starker Umsatztag, der zum Auftakt sehr gut getan hat.“ Am Dienstag hatte er weniger Termine weniger. Dafür seien mehr Kunden ohne Anmeldung gekommen, so dass er einen überdurchschnittlichen Umsatz erzielt habe. „Allerdings haben wir in den zwei Tagen genau fünf Artikel verkauft, die nichts mit Schule zu tun hatten. Fazit: Ohne Schule wäre die Wiedereröffnung zur Katastrophe geworden.“
Dem entsprechend gedämpft sind Maurers Erwartungen für die weitere Entwicklung. „Die Frequenz wird sich in den nächsten Tagen irgendwo auf einem Niveau einpendeln, das deutlich unter dem Vorjahr liegen wird. Die Kunden, die jetzt kommen, haben Nachholbedarf. Das wird sich täglich legen. Wir werden weiter Kurzarbeit fahren müssen und rechnen im Mai mit maximal 30 bis 35 Prozent des Vorjahresumsatzes. Schließlich wird das komplette Pfingstreisegeschäft wegfallen.“
Die Händler wünschen eine weitere Belebung der Innenstädte. Michael Genth hofft daher auch auf eine Maskenpflicht für den ÖPNV und beim Einkaufen, damit auch größere Geschäfte wieder öffnen können. Der Vorteil: „Eine Öffnung der großen Geschäfte könnte sogar zu einer Entzerrung bei den kleineren Läden und der Besucherdichte der Bahnhofstraße führen, da die Flächen von Karstadt und Kaufhof größer sind als die Fläche der Bahnhofstraße selbst.“ Die Frequenz werde in der nächsten Zeit etwa die Hälfte bis zwei Drittel des Vorjahrniveaus erreichen.
Auch Nina Kiesow hofft, dass die anderen Akteure der Innenstadt wie große Häuser und Gastronomie bald nachziehen dürfen. Abschließend stellt sie fest: „Jeder Tag, den wir geöffnet haben, ist besser als geschlossen!“