„…und dann habe ich etwas Neues angefangen.“

„OK, dann mache ich es eben selbst“

Foto: Vivobarefoot

Clark wurde bei dem britischen Unternehmen, an dem seine Familie immer noch Anteile hält, vorstellig. Eine ganze Kollektion unter dem Namen „Clarks Barefoot“ sei dann entwickelt worden, sagt er. Alles war vorbereitet und zur Marktreife gebracht. Aber das Projekt wurde nach einem Führungswechsel bei Clarks eingestellt, berichtet er. Weitere Unternehmen, denen Clark sein Konzept vorstellte, hätten sich interessiert gezeigt, konnten sich aber letztlich nicht dazu durchringen, mit Schuhen zu starten, die das Barfußlaufen imitieren.
„2012 dachte ich schließlich: OK, dann mache ich es eben selbst“, sagt der Brite. Er habe gemeinsam mit seinem Cousin Asher sein eigenes Unternehmen Vivobarefoot gegründet und alles auf eine Karte gesetzt. Der wirtschaftliche Erfolg stellte sich jedoch nicht sofort ein. „Aber ich habe weitergemacht und mich auf diese Reise begeben. Und da sind wir nun.“ Seit einer Crowdfunding-Kampagne im Jahr 2016 sei Vivobarefoot in vielen Märkten bekannt und das Unternehmen profitabel. Inzwischen gebe es eine große Fangemeinde, die häufig oder ausschließlich Barfußschuhe trägt. Der kleine Monomarkenstore, den Vivobarefoot in London unterhält, sei Anlaufstelle für Erwachsene, Kinder und Sportler. Und von Mittwoch bis Samstag müsse man vor dem Geschäft Schlange stehen. Zum eigenen Laden gesellen sich Franchise-Stores in verschiedenen europäischen Märkten, in Nordamerika und bald auch in Japan.

Natürliche Fußform, dünne Sohlen

Foto: Vivobarefoot

Was ist das Besondere am Konzept von Vivobarefoot? Die Schuhe entsprechen laut Clark der natürlichen Fußform und lassen den Zehen ausreichend Platz. Die Boots, Schnürer oder Sandalen verfügen über eine sehr dünne, flexible Sohle aus Naturgummi. So soll der natürliche Bewegungsablauf des Fußes jederzeit ermöglicht werden. Immer wieder, sagt Clark, seien Menschen irritiert. Denn barfuß laufe man in den Schuhen logischerweise nicht, auch wenn der Name dies suggeriere. „Das wirkliche Barfußlaufen ist für uns der Goldstandard. Das ist, was man so häufig wie möglich tun sollte. Der einzige Grund, einen Schuh zu tragen, ist, um den Fuß vor Kälte, Hitze oder schwierigen Untergründen zu schützen.“ Jahrtausendelang hätten dies Menschen überall auf der Welt praktiziert, die amerikanischen Ureinwohner ebenso wie die Samen im Norden Europas und die Khoisan in der afrikanischen Kalahari. „Die Welt ist in den letzten 100 Jahren ein bisschen von ihrem natürlichen Pfad abgekommen“, resümiert der Unternehmer. „Es gibt so viele technologische Entwicklungen in allen Bereichen. Und jetzt lernen wir mühsam, uns wieder auf das Ursprüngliche zurückzubesinnen wie natürliches Essen und den Verzicht auf Chemie in der Landwirtschaft.“ Zum Lernen gehöre dabei auch die Erkenntnis: „Wenn wir den Fuß einengen, wird er schwach. Das hat Auswirkungen auf den gesamten Körper. Es kann chronische Schmerzen verursachen, gegen den wir dann Tabletten nehmen. Aber das ist nur Symptom-Management. Eine Menge unserer Probleme haben damit zu tun, dass wir zu viel sitzen und mit schwachen, deformierten Füßen durch die Gegend laufen.“

Den Boden „küssen“

Foto: Vivobarefoot

Das Konzept von Vivobarefoot basiert auf der Annahme, dass die drei Systeme des Körpers, Skelett, Muskeln und Nerven, in ihren natürlichen Abläufen und auch im Zusammenspiel miteinander möglichst nicht beeinträchtigt werden sollten. Einer der wichtigsten Knochen im Körper sei die Großzehe, erklärt der Schuhfachmann. „Sie ist dafür gemacht, Anker und Fundament zu sein. Der Schuh muss ihr das erlauben.“ Spitz zulaufende Leistenformen seien kontraproduktiv, engten die Großzehe ein und sorgten im schlimmsten Fall für Deformationen. Durch das viele Sitzen heute bildeten sich zudem Muskeln zurück: „Das ist wie einen Gips zu tragen“, erklärt der Unternehmer. Und schließlich das Nervensystem: „Der Fuß ist voller Nerven, um Untergründe wahrzunehmen. Und der Teil des Gehirns, der Informationen von den Füßen verarbeiten soll, bekommt zu wenig Impulse, weil die Menschen gepolsterte und weiche Schuhe tragen.“ Ein großes Problem, das herkömmliche Schuhe verursachen, sei zudem die Schrittlänge: „In normalen Schuhen machen wir viel zu lange Schritte und beim Aufsetzen der Ferse werden enorme Kräfte freigesetzt. Würde man barfuß laufen, dann wären die Schritte viel kleiner und man träte sanfter auf. Es ist dann, als ob man den Boden mit der Fußsohle küsst.“

Auch im Winter ein Barfuß-Effekt

Foto: Vivobarefoot

Barfußschuhe – kann das auch in unseren Breitengraden ein Ganzjahres-Konzept sein? Ja, sagt Clark. Man könne die Schuhe im Sommer tatsächlich barfuß oder auch mit Socken tragen. Und für den Winter gebe es isolierende Einlegesohlen, die zugleich so dünn seien, dass sie den natürlichen Abrollvorgang nicht beeinträchtigen. Wer kann Barfußschuhe tragen? „Alle Menschen mit Füßen“, lacht der Unternehmer. Man könne in ihnen über Asphalt laufen, Joggen oder Bergtouren machen. Kontraindiziert sei das Tragen von Barfußschuhen lediglich für Diabetiker, die oft sehr empfindliche Füße haben. Galahad
Clark sieht seinen Ansatz nicht nur auf den Fuß bezogen, sondern betrachtet ihn als ganzheitlich. Es gehe ihm als Unternehmer auch um soziale und ökologische Verantwortung, betont er. Man arbeite beispielsweise intensiv an Lösungen, um Müll zu reduzieren und die Schuhe immer wieder reparieren zu lassen: „Der Elefant im Raum der Schuhindustrie sind Millionen Paar Schuhe, die jedes Jahr produziert werden und von denen fast alle im Müll landen.“ Darum lasse sich die dünne Sohle von Vivobarefoot entfernen und durch eine neue ersetzen. Aber dabei will es der Unternehmer nicht belassen: „Recycling ist nicht genug. Es reicht einfach nicht, wenn aus einem Schuh später ein Mauspad wird. Wir haben jetzt eine Größe erreicht, die es uns ermöglicht, hier mehr zu erreichen. Es muss weniger schlechtes Zeug geben. Und das sollte nie Thema des Wettbewerbs sein. So ist es auch in der Ernährung. Wir sollten weniger Fleisch essen. Und wenn, dann sollte es gutes Fleisch sein.“

Natürliche Ernährung, ein Rückbesinnen auf das Ursprüngliche – wie passt dazu die Currywurst im Hotel? Clark sagt, er wolle niemanden missionieren. Er wolle lieber ermutigen. Und auch kleine Schritte seien wichtig; solange es in die richtige Richtung gehe. „Wenn man sechs Monate in Barfußschuhen läuft, werden die Füße um 60% stärker und man kehrt zurück zu natürlichen Bewegungsabläufen“, sagt er. „Meine Vorfahren
haben eine Menge schlechter Schuhe gemacht. Ich auch. Ich sage nicht, jeder sollte jeden Tag Barfußschuhe tragen. Wir trinken Cola, wir treffen jeden Tag ungesunde Entscheidungen. Aber wir sind immerhin so gebildet, dass wir wissen, wir können es morgen besser machen. Darum geht es.“