Zunächst sollte der strenge Lockdown in Vietnam am 15. September enden. Da allerdings die Infektionszahlen nicht wie gewünscht sinken, wurde dieser bis Ende September verlängert. Besonders betroffen ist der Süden des Landes mit Ho-Chi-Minh-Stadt. Die rund 9 Mio. Bewohner dürfen ihre Häuser und Wohnungen nicht mehr verlassen, das Militär hat die Versorgung mit Lebensmitteln übernommen.
Die Auswirkungen auf die vietnamesische Wirtschaft sind massiv. Besonders betroffen ist auch die Schuhindustrie, die vor allem im südlichen Landesteil rund um Ho-Chi-Minh-Stadt konzentriert ist. In den vergangenen Jahren ist die Bedeutung des südostasiatischen Landes als Standort für die Schuhproduktion stetig gewachsen. Laut der aktuellen Ausgabe des World Footwear Yearbook ist Vietnam nach China der zweitgrößte Schuhexporteur der Welt. Im Jahr 2020 wurden insgesamt 1,23 Mrd. Paar Schuhe im Wert von mehr als 22 Mrd. Dollar ausgeführt. Der Weltmarktanteil lag bei 10,2%. Innerhalb der zurückliegenden Dekade hat sich der Wert der vietnamesischen Schuhexporte damit verdoppelt.
Aktuell dürfen Fabriken in von Infektionen betroffenen Gebieten allerdings nur noch dann produzieren, wenn sie in der Lage sind, Arbeiter auf dem Fabrikgelände zu beherbergen. Viele Unternehmen mussten ihre Fabriken schließen oder die Produktion drastisch herunterfahren. Dazu gehört auch Yue Yuen. Das Unternehmen mit Sitz in Hongkong gilt als größter Markenschuhhersteller der Welt mit einem jährlichen Produktionsvolumen von rund 250 Mio. Paar – 46% davon stammen aus vietnamesischen Schuhfabriken. Am 3. September warnte das Aktienunternehmen vor einer massiven Disruption; die Produktionsstandorte müssten in Folge des Lockdowns vorübergehend geschlossen werden. Auch der Schuhhersteller Feng Tay, der unter anderem Schuhe für Nike produziert, hat den Betrieb in fünf von sieben Fabriken in Vietnam eingestellt.
Nach Informationen des vietnamesischen Schuhindustrie-Verbands Lefaso haben 80% der Fabriken im Süden die Produktion eingestellt. Im Norden und in Zentralvietnam arbeiten die Betriebe eingeschränkt weiter, die Kapazitäten seien um 30 bis 50% reduziert worden. „Die Leder- und Schuhindustrie erleidet große Verluste, weil sie ihre Produktion einstellen oder reduzieren muss. Aufträge werden storniert, während die Unternehmen gleichzeitig weiterhin die Kosten für die Instandhaltung der Fabriken und die Bezahlung der Arbeiter tragen müssen“, teilte Lefaso mit. Hinzu kämen empfindliche Preissteigerungen für Logistik und Rohstoffe. Nach Angaben des Verbands sind die Schuhexporte aus Vietnam im August auf 850 Mio. Dollar zurückgangen – das entspricht einem Minus in Höhe von 38,5% im Vergleich zum Vorjahresmonat.
Ein Interview mit Uwe Hutzler von Isa Tan Tec zur Lage in Vietnam lesen Sie hier.