schuhkurier: Die Corona-Krise hält uns nun seit einigen Wochen in Atem. Wie haben Sie die Zeit bislang erlebt?
Heike Discher: Unglaublich intensiv. Keiner von uns konnte auf Erfahrungen im Umgang mit einer solch außergewöhnlichen Situation zurückgreifen. Wir haben zum Teil auch hoch emotionale Gespräche geführt – da sind auch manches Mal ein paar Tränen geflossen.
Fritz Terbuyken: Wir mussten unsere Aufmerksamkeit in drei Richtungen gleichzeitig lenken: unsere Mitglieder und Händler, die Lieferanten, aber natürlich auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier geht es neben den wirtschaftlichen Fragen ja auch um die Bewältigung von Ängsten und Sorgen. Ganz zu schweigen von unserem privaten Umfeld. Jeder, auch wir, musste das Thema zunächst einmal für sich selbst erfassen und damit umgehen.
Gab es einen „schlimmsten Moment“ für Sie?
Heike Discher: Ja, ein Gespräch mit einem Fachhändler, der gerade begonnen hatte, sein Unternehmen zu restrukturieren und ganz andere Pläne hatte …und dann jetzt doch Insolvenzantrag stellen musste – denn nun war plötzlich durch Corona alles anders gekommen. Das ist schon tragisch. Die Entwicklungen speziell rund um den Shutdown waren rasend schnell. Es galt, sich in kürzester Zeit mit völlig neuen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen. Die ANWR Group musste in Richtung ihrer Mitgliedsunternehmen agieren, aber auch in Richtung Politik, um möglichst viel für alle zu erreichen. Wie ist das gelungen?
Fritz Terbuyken: Wir haben direkt zu Beginn die „ANWR Task Force“ mit dem Vorstand, Vertretern der Banken und unserer Verbundgruppen eingerichtet, damit die Ressourcen für unsere Gruppe gebündelt und uns täglich abgestimmt. Das hat auch digital hervorragend funktioniert. Dies gilt auch für die Abstimmung mit der Industrie: Durch Kooperationsbereitschaft vieler unserer Indus-
triepartner konnten wir die Zahlungskonditionen für den Handel verbessern. In Richtung der Politik waren wir Teil der „Task Force Liquidität“ des Mittelstandsverbunds ZGV sowie über unsere diversen Netzwerke aktiv und haben die Maßnahmen abgestimmt, die jetzt für alle Unternehmen gelten. Diese sind für viele aber leider noch nicht hilfreich. Daher haben wir den Ansatz der „letzten Meile“ entwickelt und diskutieren jetzt direkt mit dem Ministerium für Wirtschaft. Wir haben durch die bankgestützte Zentralregulierung einen Vorteil gegenüber den anderen Verbänden und hoffen, dass die Politik diesen Nutzen erkennt.
Sie haben umfangreiche Maßnahmen für die ANWR-Anschlusshäuser angekündigt. Zugleich gab es auch Stimmen bei den Mitgliedern, die sich eine schnellere und kraftvollere Reaktion gewünscht hätten. Wie sehen Sie das?
Heike Discher: Besser geht, glaube ich, immer! Wir sind unverzüglich in den Krisenmodus gegangen und haben all unsere Kräfte gebündelt, um ein sehr leistungsfähiges Angebot zur Verfügung zu stellen. Die Händler haben wir täglich über den Newsletter und eine Extrarubrik im Händlerportal informiert. Über spezielle Angebote im Bereich Marketing haben wir u.a. mit Kampagnen zur Wiedereröffnung unterstützt. Unsere Handelsberater haben zudem einen sehr intensiven Kontakt mit unseren Mitgliedern.
Fritz Terbuyken: Die DZB Bank hat ihr Finanzierungsinstrument – die Saisonlinie – um 50% erhöht und ausgeweitet. Diese wurde aufgrund der Krise in einem nie gekannten Ausmaß in Anspruch genommen.
Heike Discher: Wir haben für unsere Unterstützung sehr viel Lob und Dankbarkeit erfahren, worüber sich insbesondere unsere Mitarbeiter sehr freuen. Sie haben teilweise über die Belastungsgrenze hinaus gearbeitet. Dass sich in einer solch außergewöhnlichen und angespannten Situation der eine oder andere noch mehr Unterstützung gewünscht hätte, verstehen wir.
Das vollständige Interview mit Heike Discher und Fritz Terbuyken lesen Sie in schuhkurier Ausgabe 18/19