Karl-Georg Reindl, Schuh Reindl, Rosenheim:
„Ich empfinde die aktuelle Situation als überaus herausfordernd, aber die Stimmung in meinem Unternehmen und auch im Team ist trotzdem nicht unbedingt schlecht. In Bayern werden wir erst ab dem 27. April öffnen dürfen. In dieser Woche ist mit dem 1. Mai gleich wieder ein Feiertag, was uns den Start zusätzlich erschweren dürfte.
Schon Tage vor der Eröffnung wollen wir Plakate aufhängen und auf den Neustart hinweisen.
Um optimal vorbereitet zu sein, haben wir unsere Geschäfte gemeinsam mit einem Innarchitekten angeschaut, auch um gesicherte Entscheidungen für die Öffnungszeit treffen zu können. Es dürfen sich beispielsweise in unserem Haupthaus maximal 30 Kunden zum gleichen Zeitpunkt aufhalten. Von den drei vorhandenen Eingängen werden wir einen ganz schließen, einer wird zum Eingang und einer zum Ausgang, damit wir Kreuzverkehr weitgehend vermeiden. Da wir auch Apotheken führen, haben wir selber Desinfektionsmittel hergestellt. Das steht im Schuhgeschäft in kleinen Fläschchen zur Verfügung und unser Personal wird den Kunden nach dem Kauf die Desinfektion als Service anbieten.
In den nächsten Tagen werden wir eine Teambesprechung abhalten, um über die weiteren Pläne zu informieren. Dann muss auch abgewägt werden, wer vielleicht aus Gesundheitsgründen nicht zur Verfügung stehen kann, beispielsweise wenn es in der Familie Angehörige von Risikogruppen gibt. Wir haben Einweg- und Mehrweg-Mundschutze angeschafft und so genannte Spuckschutz-Scheiben an den Kassen angebracht. Ich denke aber, dass in einem Schuhgeschäft das größte Risiko nicht im Bezahlvorgang liegt, sondern eher in der individuellen Beratung. Diese dauert ihre Zeit und braucht auch eine gewisse Nähe. Auch bin ich skeptisch hinsichtlich der Kinderabteilung. Wenn dort zwei, drei Mütter mit jeweils zwei Kindern Schuhe aussuchen, habe ich ein Drittel der erlaubten Kundenzahl schon fast erreicht.
Ich bin mir nicht sicher, inwieweit die Kunden geduldig sein werden. Das Warten vor dem Lebensmittelladen ist gelernt. Aber wenn wir bei uns Kunden mit besonderen Ansprüchen bedienen, dann nimmt das schon einmal eine bis zwei Stunden in Anspruch. Darauf wird draußen niemand warten – und ich kann den Menschen vor dem Geschäft ja schlecht Prosecco zum Zeitvertreib anbieten. Ich hoffe, dass wir mit den Wünschen und Ansprüchen unserer Kunden zurechtkommen werden. Ich rechne allerdings mit 50% weniger Umsatz im Vergleich zum Vorjahr. Dann bringen mich auch Valuten nicht weiter, denn auf dieser Basis kann ich meinen Betrieb nicht wirtschaftlich führen.
Was mich auch beschäftigt ist die Order für die nächste Saison. Wann wird es wieder Messen geben, damit wir unsere Sortimente verfeinern können? Wenn es keine gibt, habe ich irgendwann die kritischen Kunden im Geschäft, die mich fragen: „Was Neues habt Ihr nicht?““