Werden Schuhhersteller ihre Online-D2C-Aktivitäten ausbauen, wenn ihnen der stationäre Handel wegbricht?
Neuer Markenauftritt: Josef Seibel wurde einem umfangreichen Relaunch unterzogen. (Foto: Seibel Gruppe)
Carl-August Seibel: Ja. Das findet bereits statt, und das in einem nicht unerheblichen Maße. Die Umsätze über diesen Kanal gehen zwar nicht durch die Decke, sind aber in den letzten Jahren gestiegen. Das ist also ein relevanter Vertriebsweg und auch wichtig zur Markenpflege, und er wird weiter an Bedeutung zunehmen. Aber er wird nie das B2B-Business ersetzen können. Die Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten zudem, dass Marken im Internet sichtbar sind. Die Frage ist, wie wir es schaffen, dass der Preisverhau im Online-Business eingedämmt wird. Dort ist es schlimmer als im stationären Handel. Was wir da seit Monaten erleben, ist katastrophal. Wir machen uns kaputt.
Wer ist für den Preisverhau verantwortlich: Die Onlinehändler oder die Marken selbst?
Carl-August Seibel: Es ist eine Mischung. Da dürfen wir uns als Industrie auch nicht ausnehmen. Hersteller gehen auf Plattformen, die den Preisverhau ebenfalls forcieren. Zalando fährt beispielsweise die Strategie, dass ein Artikel, der einmal reduziert war, im Preis nie mehr nach oben gesetzt werden darf. Das ist ein großes Problem. Man müsste die EANs ändern, was aber ein erheblicher Aufwand wäre. Es schadet uns allen, wenn der Kunde denkt, er müsse im Grunde für kein Produkt den regulären Preis bezahlen. Das ist ein Problem, das wir angehen und mit den Kunden im Handel besprechen müssen. Wir brauchen auch selbst mehr Disziplin.
Ist Deichmann der neue natürliche Partner der Schuhindustrie?
Carl-August Seibel: Für das Unternehmen Josef Seibel kann ich sagen: nein. Aber der eine oder andere Hersteller wird darüber nachdenken. Ihnen stellt sich wahrscheinlich die Frage: Wenn Adidas und Skechers mit Deichmann arbeiten und gleichzeitig auch mit dem Fachhandel, warum sollen wir das nicht auch können? Ich möchte betonen, dass Deichmann ein absolut seriöses und solides Unternehmen ist und ein fairer, verlässlicher Geschäftspartner. Aber ich denke auch an die vielen guten Schuhhändler, über die wir hier schon gesprochen haben: Wenn ich denen erzähle, ich liefere nun auch Schuhe an Deichmann, die ein bisschen anders aussehen und preiswerter sind – das wäre schwierig zu argumentieren.
Luxus boomt, preiswert läuft. Wie können sich mittelpreisige Schuhmarken in dieser Gemengelage positionieren?
Carl-August Seibel: Wir müssen mit fairen, nachhaltigen und langlebigen Produkten punkten. Natürlich auch mit Mode. Es geht darum, dass wir unsere Stärken herausstellen. Ich bin überzeugt, dass viele Kundinnen und Kunden dies zu schätzen wissen. Die Schuh- und Modebranche hat leider einen schlechten Ruf und gilt als Umweltverschmutzer und Verschwender. Wenn wir die Kunden über die Argumentation „fairer Preis und attraktives, gutes Produkt“ erreichen, tragen wir dazu bei, dass der Druck etwas herausgenommen wird. Das braucht aber auch ein gutes Marketing.