Blicken wir auf das neue Jahr. Was erwarten Sie für den Schuhfachhandel?
Schaffner: Vorhersagen sind vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen natürlich schwierig. Die allermeisten Prognosen von Wirtschaftsexperten deuten darauf hin, dass 2023 aufgrund der bereits 2022 relevanten Probleme auch für den Schuheinzelhandel herausfordernd sein wird. Es wird nach meiner Einschätzung ein schwieriges Jahr für die Branche werden.
Pangels: Die Inflation wird uns sicherlich noch länger beschäftigen, der Ukraine-Konflikt wird wahrscheinlich noch weiter andauern und auch Corona ist noch nicht ganz verschwunden. Auch werden manche Probleme erst 2023 richtig durchschlagen. Viele Händler hatten z.B. bisher noch „gute“ Verträge mit ihren Energielieferanten, die sie bisher vor höheren Kosten geschützt haben. Viele davon laufen nach unseren Informationen jedoch 2023 aus. Es ist wie eine Welle, die wir vor uns herschieben. Ob die Menschen in diesem Jahr wieder mehr Schuhe kaufen werden, ist unklar. Ob der Staat noch mehr fördern kann, aber auch. Zusätzlich wird auch die Rekrutierung von geeignetem Personal eine weitere Herausforderung für die Schuhbranche darstellen. Wir müssen die vor uns liegenden Probleme und Krisen bewältigen, so gut es geht. Aktuell ist es so, dass viele Lieferanten möglichst frühe Aufträge empfehlen, um pünktlich liefern zu können. Das setzt die Händler sehr unter Druck.
Schaffel: Ja, das stimmt. Das ist tatsächlich ein dickes Brett, an dem auch wir als Verbände mit bohren müssen. Dass sich die Einkaufstermine in den vergangenen Saisons zeitlich nach vorn geschoben haben, mag den Problemen der Lieferketten geschuldet sein, mit der weite Teile der Wirtschaft konfrontiert waren. Da nun die Transportwege wieder reibungsloser funktionieren, müssen auch die Einkaufstermine wieder nach hinten gefahren werden. Nur dann hat der Einkauf die Möglichkeit, angesichts aktueller Verkaufserfahrungen und Kundengespräche die künftigen Kundenwünsche besser einzuschätzen und seinen Wareneinkauf darauf auszurichten. Andernfalls verspielt er mit einem „Blindflug“ beim Ordern nicht nur Kundenvertrauen, sondern kann nur über zu hohe und zu zeitige Preisreduktionen sein Warenlager gegen Saisonende bereinigen. Dies gilt gleichermaßen für Ausliefertermine, die dem üblichen Wetter- und Temperaturverlauf einer Saison angepasst sein müssen. Zu frühe Warenlieferungen führen erfahrungsgemäß zu wenig attraktiven, weil nicht bedarfsgerechten Sortimenten und zu frühen Preisabschriften. Dass zur Unzeit gelieferte Ware zu hohen Kosten dann z.B. in begrenzten Innenstadtlagen eingelagert werden muss, kommt hinzu. Wir sehen den BTE diesbezüglich in einer Position des Moderators zwischen Industrie und Handel, damit nicht nur einer fordert und der andere erfüllen muss bzw. soll. Es ist letztlich ein Geben und Nehmen. Wenn jeder nur auf seinen eigenen kurzfristigen Profit ausgerichtet ist, führt das zu negativen Gesamtentwicklungen. Wir werden sicherlich nicht von heute auf morgen konkrete Lösungen finden aber
wir können versuchen, den Dialog zwischen den Branchenpartnern mitzugestalten.