Multiple Herausforderungen in der Industrie
An der Aussage, die er bereits letztes Jahr im schuhkurier-Interview traf, hält Stephan Krug dennoch fest: „2023 wird das herausforderndste Jahr“, ist er sich nach wie vor sicher: „Ziel muss sein, auf das Umsatz-Niveau von 2022 oder besser zu kommen. Die Umsätze sind zwar momentan stabil, die Marge wird aber von steigenden Mietkosten, Energiekosten und Löhnen aufgefressen.“ 2022 verteuerte sich Kleidung um 2,3%, Schuhe um 2.8%. Vor allem Hausschuhe gehören zu den Produkten mit dem höchsten Preisanstieg: Herrenhausschuhe wurden um 6,4% teurer. Kinderhausschuhe um 5,5%. Als weitere Herausforderung für den Handel kam nun noch die neue Gebührenstruktur von Zalando dazu, durch die das Geschäft mit dem Online-Retailer, bisher ein relevantes Zusatzgeschäft, bald für viele nicht mehr rentabel sein wird. „Es sind ja noch nicht alle Details bekannt“, schränkt Krug ein, „aber nach dem aktuellen Stand und unseren Berechnungen ist es betriebswirtschaftlich uninteressant, bei Zalando dann für grob gerechnet unter 140 Euro Schuhe einzustellen. Das wird bei unseren Händlern zu einem signifikanten Abzugsprozess führen.“
Angesichts dessen, dass auch die Industrie mit steigenden Preisen zu kämpfen habe, müssten die Händler im ersten Schritt an den Faktoren arbeiten, die sie selbst beeinflussen können, so Krug. Stabile Preise, steigende Margen und steigende Kosten gleichzeitig seien rein rechnerisch nicht möglich. „Wir erweisen uns einen Bärendienst, wenn wir nur die Preise erhöhen, um die Händlermarge anzupassen.“ Dazu gehöre, nicht mehr so am Markt vorbeizuordern und so viel Budget zu verbrauchen, ohne zu wissen, was die Kundinnen und Kunden überhaupt kaufen wollen. Die Abschriften müssten nicht so hoch sein, wenn nicht 30-40% der Waren rabattiert verkauft werden müssten. „Außenstehende würden sich stark über eine Vororderquote von 85% wundern. Letztes Jahr wurden nur 55% der Waren zum regulären Preis verkauft.“ Als Ziel gibt Krug eine Vororderquote von 70% aus und orientiert sich dabei am Textilhandel. Auch in Bezug auf die Preislagen fuße die Schuhbranche auf einem nicht mehr funktionierenden Geschäftsmodell. „Es gibt natürlich wichtige Eckpreislagen, aber Trading-Up muss das Ziel sein.“ Die ’gelernten‘ Schuhpreise seien bei den aktuellen Produktionsgegebenheiten und Kosten für Industrie und Handel kaum noch realisierbar. Die Frage bleibt, inwiefern die Kunden die Abkehr von den Eckpreislagen akzeptieren würden. „In einer Studie wurde festgestellt, dass 18% der Kunden für 99-Euro-Schuhe auch 110 Euro bezahlt hätten, was zeigt: Es gibt Potenzial dafür, Kundinnen und Kunden auch von höheren Preisen zu überzeugen, es ist aber kein Selbstläufer.“ Zurzeit merke der Markt aber auch eine gewisse Akzeptanz für steigende Preise.