Kennen Sie Tempe? Das Unternehmen aus Spanien fliegt weitgehend unter dem Radar der Branche, nur wenige Experten haben es auf dem Schirm. Dabei spielt der Schuhhersteller gemessen am Umsatz in einer Liga mit Größen wie Wortmann und Ecco.
Tempe ist die Schuhsparte des Inditex-Konzerns, der vor allem mit Zara Vertikalisierung nahe der Perfektion betreibt. Fast Fashion ist hier nicht nur ein Schlagwort, sondern gelebtes Tagesgeschäft. Kaum geht ein neuer Schuh bei Gucci oder Prada über den Laufsteg, kaum hat sich über Social Media ein neuer Hype herauskristallisiert, schon läuft bei Tempe die Maschinerie an.
Innerhalb weniger Wochen werden Adaptionen erarbeitet, produziert und weltweit ausgeliefert. Kritiker werfen Inditex daher eine Copy-Cat Mentalität vor, die nicht auf Eigenkreationen, sondern weitgehend auf geschicktem Kopieren beruhe. Wer im Glashaus sitzt… Die – wohlwollend formuliert – Weiterentwicklung von Bestsellern gehört auch bei vielen Markenherstellern zum Alltag. Und innerhalb gewisser Grenzen wird dies weitgehend akzeptiert. Der große Unterschied liegt bei vielen jedoch in der Geschwindigkeit. Statt Wochen vergehen oftmals Monate, bis neue Modelle auf der Fläche stehen. Das ist zu langsam.
Natürlich sind die Voraussetzungen für Vertikale grundlegend andere. Es gibt vor allem keinen Vertrieb, der Mengen einsammeln muss, bevor die Produktion anlaufen kann. Das frisst Zeit. Handel und Industrie sollten gemeinsam schneller werden, um Schritt zu halten. Ansonsten droht die Branche abgehängt zu werden. Und zwar von den Kunden und ihren Ansprüchen an Aktualität. Mit den traditionellen Rhythmen und eingespielten Prozessen dürfte es kaum möglich sein, das gesteigerte Tempo mitzugehen.
Die Macher von 3D-Schuhdesign haben diese Problematik erkannt. Und mit Unterstützung von Ex-Ara Vorstand Tobias Zimmerer ein digitales System entwickelt, das viele traditionelle Abläufe auf den Kopf stellt. Disruption in der Schuhbranche. Dauerte es zuvor Wochen, einen neuen Schuh zu kreieren, ist dies dank 3D-Schuhdesign nun innerhalb weniger Stunden möglich. Die Auswahl und Anpassung von Leisten, Sohlen und Materialien – alles wird innerhalb von Minuten erledigt. Anschließend wird der Prototyp per 3D-Druck zur Begutachtung ausgedruckt oder Entwickler und Produzent treffen sich im digitalen Showroom. So nimmt die Schuhherstellung Fahrt auf.
Mehr Geschwindigkeit auf Seiten der Produktion hat auch Auswirkungen auf den Handel. Betroffen ist in erster Linie der Einkauf, der flexibler werden muss. Angesichts der beschleunigten Prozesse ist eine andere Verteilung der Budgets notwendig. Im bekannten saisonalen Rhythmus Schuhe einzukaufen, kann nicht mehr funktionieren. Und es ist auch wirtschaftlich für den Handel nicht mehr tragbar, sich zweimal pro Jahr die Läger bis zum Bersten zu füllen. Hier müssen neue Modelle der Zusammenarbeit gefunden werden, die mehr Kooperation als bislang erfordern werden. Geschwindigkeit hin oder her: Ohne Vertrauen geht es nicht.