Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde Rainer Eckert von der Kanzlei Eckert Rechtsanwälte bestellt. Er will das Unternehmen fortführen und sanieren. “Die Insolvenzanmeldung der operativen Gesellschaft Netrada Europe GmbH hat keinen Einfluss auf das laufende Geschäft”, betont Eckert in einer Erklärung. “Sämtliche Online-Shops bleiben wie gewohnt geöffnet, alle Bestellungen werden weiter pünktlich und zuverlässig ausgeliefert.”
Insbesondere sollen auch die Arbeiten am neuen Logistikzentrum am Kronsberg weitergehen. Die Löhne und Gehälter der rund 2.200 Mitarbeiter seien über das Insolvenzgeld für drei Monate gesichert.
Eckert habe sich unmittelbar nach seiner Einsetzung zum vorläufigen Insolvenzverwalter ins Unternehmen begeben und die Mitarbeiter informiert. Parallel dazu habe er gemeinsam mit der Geschäftsleitung Gespräche mit den wichtigsten Kunden und Lieferanten aufgenommen, die bereits ihre Unterstützung signalisiert hätten. “Die Kunden, mit denen wir bis jetzt gesprochen haben, halten uns weiter die Stange”, so Eckert. In den nächsten Tagen will Eckert sich ein genaues Bild der wirtschaftlichen Lage im Unternehmen machen und Sanierungsoptionen prüfen. Denkbar sei etwa eine Sanierung im Wege einer Investorenlösung oder über einen Insolvenzplan, also einer Art Vergleich mit den Gläubigern. “Netrada ist ein gut organisiertes Unternehmen in einem Wachstumsmarkt und mit einem sehr renommiertem Kundenstamm”, so Eckert. “Insofern sehe ich gute Chancen für eine Sanierung.”
Netrada Europe gehört zu den führenden E-Commerce- und Logistik-Dienstleistern für die Modebranche. Als Full-Service-Dienstleister betreibt Netrada über 80 Online-Shops renommierter Modemarken und organisiert weltweit den Versand und Auslieferung der Ware. Nachdem am Mittwoch die Netrada Holding Insolvenz angemeldet hatte, musste heute auch die operative Tochter Netrada Europe GmbH Insolvenz anmelden.
Laut Berichten in der ‘Hannoverschen Allgemeinen Zeitung’ wurden die finanziellen Probleme durch den Bau eines neuen Logistikzentrums in Hannover verursacht, das im Frühjahr 2014 fertig gestellt werden sollte. Die Kosten sollen sich auf 50 Mio. Euro belaufen. Netrada ist seit mehr als 15 Jahren im E-Commerce-Business tätig und verschickt für seine Kunden bis zu 150.000 Sendungen am Tag. Im Jahr 2007 verkaufte Gründer Sven Heyrowsky das Unternehmen für 100 Mio. Euro an den Call Center-Betreiber D+S, der 2008 wiederum vom Finanzinvestor Apax übernommen wurde. Im September verkaufte Netrada-Vorstand Steve Hare die Nordamerika-Tochter, um für das Europa-Geschäft flüssig zu bleiben. Das Unternehmen beschäftigt weltweit mehr als 2.500 Mitarbeiter.