Stell dir vor, die Geschäfte öffnen wieder und keiner geht hin. Diese Angst umgab die Händlerinnen und Händler im vergangenen Halbjahr. Die erhoffte neue Lust aufs Shoppen, wenn sich niemand mehr Gedanken über Lockdowns und andere Einschränkungen machen muss, wich einer Konsumzurückhaltung und allgemeinen Verunsicherung. Wie hoch fällt die nächste Rechnung aus? Wie viel kosten bald Butter und Milch? Da würden viele Konsumentinnen und Konsumenten doch lieber weiter mit dem auskommen, was sie schon im Schuhschrank stehen haben, so die Befürchtung.
Tatsächlich schien es im Sommer so, als würde die Kauflust ausbleiben. Auch wegen guter Vergleichsergebnisse aus dem Sommer 2021 verkauften die Schuhhändlerinnen und Schuhhändler laut der Marktdatenbank Erix weniger Schuhe als noch im Vorjahr. Mit einer Ausnahme in der Dekade Juli II, in der es ein minimales Plus in Höhe von 0,14% gab, blieben die Verkäufe in den Sommermonaten Juni, Juli und August in allen Dekaden hinter den Vergleichswerten zurück. Peter Bödeker erzählte im September gegenüber schuhkurier, wie er den Beginn der zweiten Jahreshälfte wahrgenommen hatte: „Mit zunehmendem Kriegsbewusstsein und nun Energiekrise und Inflation haben wir es eigentlich mit drei, mit Corona sogar mit vier Krisen zu tun. Die Leute sind sehr zurückhaltend. Wir sehen die
Städte gut frequentiert. Die Cafés sind voll, die Menschen wollen raus und etwas erleben, aber sie haben keine Taschen in der Hand. Es wird wenig gekauft.“
Zum Jahresende zog der Umsatz der Schuhgeschäfte wieder an – aus mehreren Gründen. Dank diverser Nachrichten kam die Hoffnung auf, dass die Folgen des Ukraine-Kriegs und des Gasembargos auf die wirtschaftliche Lage doch nicht so stark ausfallen würden wie befürchtet. Anfang Dezember kündigte die Bundesregierung die Strom- und Gaspreisbremse an, die die Gefahr explodierender Stromrechnungen eindämmen soll. Die Inflationsrate sank laut Statistischem Bundesamt mehrere Monate in Folge von zwischenzeitlich 10,4% auf 8,6%. Das hatte sich vor allem im Weihnachtsgeschäft gezeigt, in das viele Hoffnungen für einen Anschub des Konsums gesetzt wurden und mit dem sich die Vertreter von Handelsverbänden grundsätzlich zufrieden zeigten. So zum Beispiel Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, die nach dem vierten Adventswochenende bilanzierte: „Wir freuen uns über einen insgesamt erfolgreichen vierten Adventssamstag. Im Schnitt konnten die Händlerinnen und Händler ihre Umsätze im Vergleich zu den vorigen Wochen noch einmal steigern und zeigen sich mit den Geschäften überwiegend zufrieden.“